Im Rechtsstreit über eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz spielt die Partei die Rolle des Thüringischen AfD-Partei- und Fraktionschefs Björn Höcke offenbar herunter. Das berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ unter Berufung auf Gerichtsunterlagen. Nach Darstellung der AfD ist Höcke demnach nur eine „Einzelperson“ in der Partei, der Co-Vorsitzende eines vergleichsweise kleinen Landesverbandes.
In dem Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster geht es im Kern um die Frage: Darf der Verfassungsschutz die AfD beobachten? Das soll dem Bundesamt nach dem Willen der Partei verboten werden. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln in erster Instanz hatte bereits weitreichende Folgen für die Partei. Seitdem nämlich ist es dem Verfassungsschutz erlaubt, nachrichtendienstliche Mittel gegen sie einzusetzen – vor allem verdeckte Mitarbeiter und V-Leute einzuschleusen.
Nach Informationen der SZ heißt es im Schriftsatz der AfD: „Der Abgeordnete Höcke spielt in der Bundespartei keine Rolle.“ Den Verfassungsschützern zufolge zeigt sich Höckes Gewicht hingegen auch durch das von ihm mitgegründete Netzwerk „Flügel“, welches im April 2020 auf Druck der damaligen Parteiführung formal aufgelöst wurde, deren Vertreter aber nach Überzeugung der Verfassungsschützer inzwischen die Partei dominieren.
„Der Flügel wird vom Verfassungsschutz noch immer als Popanz aufgebaut, obwohl er 2015 seine wichtigste Zeit hatte und inzwischen aufgelöst ist“, sagte Peter Boehringer, AfD-Vize und im Bundesvorstand mit zuständig für die Klage in Münster, der SZ.
Der Verfassungsschutz und seine Rechtsvertreter präsentieren hingegen Dutzende Seiten Belege für das Gewicht von Höcke und den einstigen Flügel-Leuten. Demnach freute sich etwa der AfD-Partei- und Fraktionsvize in Sachsen-Anhalt, Hans-Thomas Tillschneider, nach der Neuwahl des Bundesvorstands auf dem Parteitag in Riesa 2022, dies sei „der beste Bundesvorstand aller Zeiten“, in dem Führungsgremium der Partei seien vielleicht „drei bis vier Personen dem Netzwerk um Höcke zuzurechnen“.
Foto: Björn Höcke (Archiv) [dts]