Trotz aller Drohungen rechnet der Militärexperte Carlo Masala vorerst nicht mit einer Invasion Chinas in Taiwan. „Ich glaube nicht, dass das ein realistisches Szenario ist“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Die US-Regierung von Joe Biden, die noch das gesamte Jahr über im Amt sein werde, lasse keinen Zweifel daran, dass sie zu den Sicherheitsgarantien für Taiwan stehe. Und Chinas Präsident Xi Jinping bemühe sich sichtlich um eine Entspannung im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten. „Meine These ist, dass China versucht, über Wahlen seine Position in Taiwan zu stärken“, prognostizierte Masala. Sinnvoller als eine Invasion könnte Peking ohnehin eine Abriegelung Chinas erscheinen, sagte der Politikwissenschaftler von der Münchner Bundeswehr-Universität. „Wir haben im vergangenen Jahr mehrere Manöver des chinesischen Militärs nahe Taiwan gesehen. Wenn keine Waren mehr nach Taiwan herein- und auch keine mehr herauskämen, zum Beispiel Microchips, dann würde das den kleinen Inselstaat in die Knie zwingen. Das hätte auch erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, was sich China zunutze machen könnte. Vielleicht wäre aus Pekinger Sicht eine Blockade Taiwans sogar sinnvoller als eine Invasion.“
In diesem Fall könnten die Vereinigten Staaten einlenken und bereit sein, einen großen Deal mit China über Einflusszonen im gesamten asiatischen Raum abzuschließen. „Sollten die USA in diesem Rahmen von ihrer Zusage abrücken, Taiwan gegebenenfalls unter Nutzung militärischer Mittel zu verteidigen, dann ist aus chinesischer Sicht der Weg zu einer Einverleibung Taiwans geebnet“, führte Masala aus. Auf die Frage, wann Peking die USA für schwach halten könnte, verwies der Militärexperte auf eine mögliche Rückkehr von Donald Trump als US-Präsident.
Foto: Taiwan-Flagge (Archiv) [dts]