Einen Tag vor der geplanten Abstimmung des Asyl-Paketes der Ampel-Koalition im Bundestag warnen Juristen vor einer womöglich ungewollten Kriminalisierung der Rettung von alleinreisenden Minderjährigen aus dem Mittelmeer. Das geht aus zwei neuen Rechtsgutachten hervor, über die der „Tagesspiegel“ (Donnerstagausgabe) berichtet.
Die Kriminalisierung könnte durch die im Asyl-Paket geplante Verschärfung des Schleuserparagrafen geschehen. Zwar wollte die Ampel-Koalition klarstellen, dass sich geplante Straf-Verschärfungen im Gesetz nur auf den Landweg und damit nicht womöglich auch auf die Rettung Schiffbrüchiger beziehen. Allerdings wurde laut den Juristen eine Lücke nicht beachtet.
„Es wurde offenbar übersehen, dass durch einen Verweis auf einen anderen Absatz des Gesetzes der spezielle Fall der Einreise unbegleiteter minderjähriger Ausländer auf dem Seeweg weiterhin von der Ausweitung der Strafbarkeit erfasst wäre“, sagte Aziz Epik, Juniorprofessor für Internationales Strafrecht an der Universität Hamburg, dem „Tagesspiegel“ dazu. Ähnliches schreibt der Rechtsanwalt David Werdermann von der Gesellschaft für Freiheitsrechte in seinem Gutachten. „Diesen Qualifikationstatbestand erfüllt nach dem Änderungsantrag auch, wer (uneigennützig) wiederholt oder zugunsten von mehreren unbegleiteten Minderjährigen handelt“, so der Jurist.
Die Sprecherin der Grünen Jugend, Katharina Stolla, forderte Konsequenzen. „Das Gesetz darf weder am Donnerstag noch sonst irgendwann beschlossen werden“, sagte sie der Zeitung. Das Gesetzesvorhaben sei von Anfang an „unmenschlich“ gewesen. „Das muss man sich mal vorstellen. Menschen, die Kinder vor dem Ertrinken retten, unter Strafe zu stellen, ist skandalös und unverschämt“, so Stolla.
Foto: Bojen im Meer (Archiv) [dts]