Die Bundesregierung hat den vor dem Internationalen Gerichtshof gegen Israel erhobenen Vorwurf des Völkermords scharf zurückgewiesen. Das teilte der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit, am Freitagnachmittag mit.
„Angesichts der deutschen Geschichte und des Menschheitsverbrechens der Shoa sieht sich die Bundesregierung der Konvention gegen Völkermord besonders verbunden“, so Hebestreit. Die Konvention sei ein zentrales Instrument des Völkerrechts, um das „nie wieder“ umzusetzen. „Einer politischen Instrumentalisierung treten wir entschieden entgegen.“
Man wisse, dass verschiedene Länder die Operation Israels im Gazastreifen unterschiedlich bewerteten. „Den nun vor dem Internationalen Gerichtshof gegen Israel erhobenen Vorwurf des Völkermords weist die Bundesregierung aber entschieden und ausdrücklich zurück“, so Hebestreit. „Dieser Vorwurf entbehrt jeder Grundlage.“
Das Ziel der Hamas sei es, Israel auszulöschen, argumentiert die Bundesregierung. Am 7. Oktober 2023 hätten „Terroristen der Hamas unschuldige Menschen in Israel brutal überfallen, gequält, getötet und entführt“. Israel verteidige sich seitdem gegen den menschenverachtenden Angriff der Hamas.
Die Bundesregierung unterstütze den Internationalen Gerichtshof in seiner Arbeit, so wie sie es seit vielen Jahrzehnten tue, hieß es weiter. Die Bundesregierung intendiere, in der Hauptverhandlung als Drittpartei zu intervenieren.
Südafrika hatte Israel am Donnerstag in Den Haag vorgeworfen, bei seinem militärischen Vorgehen im Gazastreifen ein „Muster von völkermörderischem Verhalten“ gezeigt zu haben. Dem Gericht lägen „die Beweise der letzten 13 Wochen vor, die unbestreitbar ein Verhaltensmuster und eine damit verbundene Absicht zeigen, die eine plausible Behauptung von völkermörderischen Handlungen rechtfertigen“, so die südafrikanischen Ankläger.
Israel hat sich am Freitag vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) gegen den Vorwurf des Völkermords verteidigt und die Anschuldigungen Südafrikas als „verdreht“ und „verzerrt“ zurückgewiesen. Tal Becker, einer von Israels Anwälten vor dem IGH, machte die Praxis der Hamas, ihre militärischen Einrichtungen und Kämpfer inmitten ziviler Infrastruktur zu verankern, als eigentliche Ursache für Tod und Leid der Zivilbevölkerung in Gaza verantwortlich.
„Das Schlüsselelement des Völkermords, die Absicht, ein Volk ganz oder teilweise zu vernichten, fehlt völlig“, so der Verteidiger Israels. Was Israel anstrebe, sei nicht die Vernichtung eines Volkes, sondern der Schutz seines Volkes.
Das Gericht soll zunächst nur über einen Eilantrag entscheiden. Das Hauptverfahren kann Jahre dauern. In der „Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes“ wird Völkermord definiert als bestimmte „Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“.
Foto: Gazastreifen (Archiv) [dts]