Die migrationspolitischen Beschlüsse des SPD-Bundesparteitages in Berlin erhöhen die Spannungen im Ampel-Regierungsbündnis. Vor allem das Votum der Sozialdemokraten für einen erleichterten Familiennachzug von subsidiär Schutzbedürftigen sorgt für Konflikte in der Koalition, berichtet die „Welt“ (Montagsausgabe).
„Angesichts der hohen Asylbewerberzahlen und der überlasteten Kommunen ist der SPD-Antrag zur Migrationspolitik realitätsfern und sendet das völlig falsche Signal“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Stephan Thomae, der Zeitung. „Wir müssen unser Asylsystem entlasten und eine neue Realpolitik in der Migration vorantreiben. Einen erleichterten Familiennachzug wird es daher mit uns nicht geben.“ Zudem dürfe die private Seenotrettung nicht staatlich finanziert werden, „denn das würde den Schleusern direkt in die Hände spielen“.
Frontex sollte daher perspektivisch die Seenotrettung im Mittelmeer übernehmen. Thomae erinnerte an die Beschlüsse der vergangenen Ministerpräsidentenkonferenz: Sie seien „ein wichtiger Schritt in Richtung einer neuen Realpolitik in der Migration, die wir jetzt dringend brauchen“. Eine ähnlich kritische Haltung vertritt die Union: „Die SPD leidet unter rasantem Realitätsverlust. Wer in einer der größten Migrationskrisen eine Ausweitung des Familiennachzugs fordert, hat jegliche Regierungsfähigkeit verloren“, beklagte CDU-Innenpolitiker Alexander Throm.
Nach dem Bundesparteitag sei klar: „Die SPD möchte, dass noch mehr Asylbewerber in unser Land kommen sollen. Das ist das Gegenteil einer Asylwende“, so Throm der „Welt“. Je größer die Community etwa von Syrern und Afghanen in Deutschland werde, desto mehr Anziehungskraft entfalte sie. „Es braucht endlich eine echte Begrenzung an all den Stellschrauben, wo dies möglich ist, wie etwa dem Aussetzen des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten.“ „Anstatt Fluchtzuwanderung zu begrenzen, will die SPD diese sogar noch fördern. Lässt Deutschland mehr Familiennachzug zu, ist doch klar, wo junge Männer hinziehen werden, um ihre Familien nachzuholen“, warnte Throm.
Die Ampel verschärfe so die Lage in den Kommunen, in den Kitas und am Wohnungsmarkt. „Durch das maßlose Türöffnen für Migration stärkt die Ampel die politischen Extremisten am rechten Rand. Solche Beschlüsse wie auf dem SPD-Parteitag sind das reinste Konjunkturprogramm für die AfD“, warnte Throm.
Aus Sicht der AfD-Fraktion würde die SPD mit einem erleichterten Familiennachzug „einen weiteren, speziell deutschen Pull-Faktor“ schaffen, sagte der AfD-Innenpolitiker Gottfried Curio. Als Konsequenzen nannte er: fehlenden Wohnraum, einen „weiteren Absturz des Bildungssystems“, Milliarden-Kosten und die „immer weiter ausgehöhlte innere Sicherheit“. Katrin Göring-Eckardt, zuständige Abgeordnete für das Thema Familiennachzug in der Grünen-Bundestagsfraktion, reagierte unterdessen positiv auf das Signal aus der SPD: „Das begrüßen wir sehr, und es entspricht dem Koalitionsvertrag. Viele Familien, insbesondere Kinder, warten darauf, wieder zusammen zu sein. Familien gehören zusammen“, sagte Göring-Eckardt der „Welt“.
Foto: Abstimmung auf SPD-Parteitag im Dezember 2023 [dts]