Der ehemalige Bundesfinanzminister und frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich angesichts zahlreicher außenpolitischer und militärischer Krisen für eine engere Zusammenarbeit der Europäer in der Verteidigung ausgesprochen. „Die Idee des Weimarer Dreiecks kam schon in der Regierung Kohl/Genscher 1991 auf“, sagte Schäuble der „Welt am Sonntag“.
„Das Ziel war es, durch enge französisch-deutsch-polnische Konsultationen mehr Vertrauen zu schaffen und den deutsch-französischen Motor für Europa durch einen deutsch-polnisch-französischen zu ergänzen. Diese Idee sollte jetzt zu einer neuen engen Form der Zusammenarbeit zwischen Paris, Berlin und Warschau führen – und das auch militärisch.“ Polen habe die mit Abstand stärkste konventionelle Armee, so Schäuble. Paris verfüge über die nukleare Komponente, und Berlin solle die Bundeswehr ebenfalls ertüchtigen und zugleich als immer noch wirtschafts- und finanzstärkste Nation Europas einen überproportionalen finanziellen Anteil an der Force de frappe übernehmen, damit Frankreich seinen nuklearen Schirm über Europa spanne. „Natürlich wäre mir am liebsten, es gäbe irgendeine Form der europäischen Verfügungsgewalt“, sagte der ehemalige Bundesminister. „Doch das ist zum jetzigen Zeitpunkt utopisch. Hätten Adenauer und Schuman neben ihren unbestreitbaren Verdiensten um die europäische Einigung auch noch die EVG zustande gebracht, hätten wir heute wohl einen institutionellen Rahmen. Deshalb stelle ich mir zunächst vor, dass die Europäer im Allgemeinen, die Deutschen im Besonderen die französische nukleare Abschreckungskraft künftig finanziell so ausstatten, dass Paris dieses Abschreckungspotential glaubhaft für Europa nutzen kann.“ Die letzte Entscheidungsgewalt über den Einsatz von Atomwaffen würde bei aller europäischen Dimension und folglich auch einer gewissen Mitsprache in Paris liegen, so Schäuble.
Foto: Wolfgang Schäuble (Archiv) [dts]