Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich sieht angesichts des FDP-Vetos gegen die zuvor von den Koalitionsspitzen vereinbarte Streichung von Subventionen für die Landwirte eine schwere Belastungsprobe für die Ampelkoalition. Die SPD habe in schwieriger Zeit Regierungsverantwortung übernommen, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstagsausgaben).
„Wir erwarten, dass auch andere bereit sind, ihren Teil zu einer guten Regierungsführung beizutragen. In diesen Tagen vermisse ich eine solche Haltung“, warnte er vor einem Infragestellen der Regierungsfähigkeit. Laut FDP-Fraktionschef Christian Dürr sind die Sparbeschlüsse für die Landwirte, die Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ausgehandelt hatte, so nicht zustimmungsfähig. Auch Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) stemmt sich gegen die Pläne, die die Landwirte in Deutschland mit knapp einer Milliarde Euro zusätzlich belasten könnte – am Montag demonstrierten sie in großer Zahl mit Traktoren vor dem Brandenburger Tor. Man werde sich mit den Koalitionspartnern in den kommenden Wochen zusammensetzen und prüfen, „ob die Vorschläge der Regierung zur Konsolidierung des Haushalts nachvollziehbar, gerecht und effektiv sind“, sagte Mützenich. „Wenn bereits heute einzelne Vorschläge gänzlich infrage gestellt werden, dann verlange ich konkrete Alternativen aus dem jeweiligen Verantwortungsbereich, um für das kommende Jahr einen soliden Haushalt auf den Weg zu bringen.“ Er sagte zudem, dass für die umfänglichen und notwendigen Hilfen zugunsten der Ukraine auch andere Instrumente in der Verfassung zur Verfügung gestanden hätten. Damit spielte er auf eine Notlage auch im kommenden Jahr und eine erneute Aussetzung der Schuldenbremse an, was die FDP aber bisher abblockt. „Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat uns in einem Übermaß Entscheidungen abverlangt, die sonst nicht hätten getroffen werden müssen.“ Die SPD habe auf ihren Bundesparteitag aufgezeigt, „wie die Kraft unseres Landes durch eine bessere Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums gestärkt werden könnte. Dafür haben wir derzeit aber weder in der Koalition noch im Parlament eine Mehrheit.“ Das sei bedauerlich. „In dieser Situation bleibt uns keine andere Möglichkeit, als im Rahmen des gegenwärtigen Haushalts nach Lösungen zu suchen.“ Deutschland befinde sich, wie andere Länder auch, in einem epochalen Umbruch. Dass hieraus Probleme und Verteilungskämpfe erwüchsen, könne niemanden verwundern. Zudem stehe mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine die Ordnung in Europa vor ihrer schwersten Bewährungsprobe seit dem Ende des Kalten Krieges.
Foto: Rolf Mützenich am 14.12.2023 [dts]