SPD-Chef Lars Klingbeil hat Mitglieder der Bundesregierung zu mehr Verantwortungsgefühl ermahnt. „Wir müssen Deutschland durch herausfordernde Zeiten führen und international stark positionieren“, sagte er dem „Tagesspiegel“ am Mittwoch.
„Alle sollten sich über die Weihnachtsfeiertage Gedanken machen, wie sie dieser Verantwortung besser gerecht werden.“ Klingbeil verwies auf die schwierigen politischen Verhältnisse in den Niederlanden, in Spanien oder in Italien. „Jeder Regierungspolitiker muss sich bewusstmachen: Wir entscheiden hier in Deutschland, ob es in unserem Land auch so wird. Wir entscheiden mit, ob Deutschland ein Hort der Stabilität und der demokratischen Mitte bleibt.“
Die Ampel-Koalition trage die Verantwortung für die stärkste Volkswirtschaft Europas. „Ich will keine Horrorszenarien an die Wand malen, aber wir müssen uns dieser Verantwortung bewusstwerden“, sagte Klingbeil. „Ich bin genervt davon, wie spielerisch manche mit politischen Konflikten umgehen.“ Politik sei keine TV-Show.
„Autokraten, rechte Hetzer und Spalter warten nur darauf, Demokratien scheitern zu sehen. Den Gefallen dürfen wir denen nicht tun“, so der SPD-Chef. Hintergrund ist Streit in der Regierungskoalition um den Bundeshaushalt. So wurde ein über Wochen ausgehandelter Kompromiss schon nach kurzer Zeit infrage gestellt.
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) und FDP-Fraktionschef Christian Dürr lehnen Mehrbelastungen der Bauern ab. „Es trägt nicht zu einer besseren politischen Lage bei, wenn Minister den Haushalts-Kompromiss infrage stellen, fünf Minuten nachdem er gefunden wurden“, sagte Klingbeil mit Blick auf die öffentlichen Äußerungen der beiden Politiker. Der SPD-Chef verwies auch auf Erfolge der Koalition. Diese sei grundsätzlich die Richtige fürs Land.
„Trotzdem ist das Jahr 2023 von zu viel Streit geprägt gewesen, der die Erfolge der Koalition überlagert hat“, sagte er. Zur Einigung beim Asyl-Paket und beim Einbürgerungsrecht sagte Klingbeil, er verstehe nicht, warum es beim Staatsbürgerschaftsrecht oder den Rückführungen „wieder gehakt hat, obwohl eigentlich alles geeint war“. Man hätte schon im Dezember die Gesetzespakete durch den Bundestag bringen können.
Foto: Lars Klingbeil (Archiv) [dts]