Der wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium spricht sich in einem neuen Gutachten erstmals für weitreichende Anpassungen der Schuldenbremse aus. Die Schuldenbremse in ihrer aktuellen Form enthalte „Fehlanreize“, durch die der Staat zu wenig investiere, heißt es in der Analyse, die federführend vom Beiratsvorsitzenden Eckhard Janeba erarbeitet wurde und über die das „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe) berichtet.
Demnach sei eine Neuausrichtung der Finanzpolitik nötig. Der unabhängige Beirat schlägt eine „Goldene Regel Plus“ vor: Für staatliche Konsumausgaben wie Sozialtransfers gilt weiter die Schuldenbremse. Nettoinvestitionen hingegen könnten beliebig durch Schulden finanziert werden. Zu den Nettoinvestitionen zählen alle Investitionen, die erstmalig vorgenommen werden. Dadurch würden „Verzerrungen“ der Politik zulasten der jüngeren Generationen beseitigt. Größter Kritikpunkt an Vorschlägen dieser Art war bislang die schwierige Abgrenzung zwischen Konsumausgaben und Investitionen: Der Beirat schlägt vor, dass das Wesen der geplanten Ausgaben von einem Expertengremium oder dem Bundesrechnungshof überprüft werden. Außerdem bringen die 38 Ökonomen und Juristen „Investitionsfördergesellschaften“ ins Spiel, die parallel oder anstatt der goldenen Regel eingeführt werden könnte. Der Staat würde verpflichtet, den Gesellschaften jährlich einen festen Betrag zuzuweisen.
Die Gesellschaften reichen dieses Geld ausschließlich für Investitionen beispielsweise an Kommunen weiter. „Die Verstetigung der Zuweisungen schafft Planungssicherheit“, heißt es im Gutachten. Deutliche Worte findet der Beirat für die bisherige Finanzpolitik der Bundesregierung, die für Investitionen vor allem auf schuldenfinanzierte Sondervermögen gesetzt hat. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Praxis kürzlich gestoppt.
Der Beirat schreibt, diese Politik sei „nicht nachaltig“ gewesen, es handle sich bloß um einen Versuch, die tatsächlichen finanziellen Bedarfe „zu verschleiern“.
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