Michael Kellner, früher Wahlkampfchef bei den Grünen und jetzt Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, warnt seine in die Krise geratene Partei vor zu viel Hadern mit dem Regieren. „Bei einem Teil der Grünen gibt es in solchen Situationen den Reflex, sich in die Nische zurückzuziehen. Das ist aber falsch“, sagte Kellner dem „Spiegel“.
Den Traum vom Kanzleramt dürfe die Partei „nicht aufgeben, so schwer das derzeit auch sein mag“, so Kellner. „Wir dürfen uns nicht in die Nische reindrücken lassen.“ Mit Blick auf den anstehenden Parteitag, bei dem der bisherige Bundesvorstand trotz durchwachsener Bilanz fast geschlossen zur Wiederwahl antritt, sagte Kellner: „Personaldebatten bringen uns jetzt nicht weiter.“ Der ehemalige politische Geschäftsführer der Grünen mahnte aber an, die Strukturen der Partei zu reformieren. „Wir brauchen zu lang für unsere Botschaften und Papiere. Während wir noch intern beraten, ist die Konkurrenz schon längst auf Sendung. Wenn wir dauerhaft führen wollen, müssen wir schneller und klarer werden“, so Kellner. Als Beispiel nannte Kellner unter anderem das Heizungsgesetz von Robert Habeck, das im vergangenen Frühjahr massiv in die Kritik geraten war. „Wir haben zu wenig erklärt, all die Argumente, Fakten und Entlastungsangebote sind zu spät herausgetröpfelt. Damit haben wir der Sache geschadet“, räumte Kellner ein. Er ist seit 2021 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck. Auf die Frage, warum Grünen-Politiker häufig unsouverän reagieren, wenn sie für ihr politisches Handeln kritisiert werden, sagte Kellner dem „Spiegel“: „Es ist richtig, sich gegen falsche Vorwürfe zu wehren. Mit Weinerlichkeit und Mimimi gewinnen Sie keine Unterstützung. Das aber ist leichter gesagt als getan. Wir arbeiten unter einem krassen Druck. Da ist es nicht immer einfach, cool zu bleiben. Wir bleiben Menschen.“
Foto: Michael Kellner (Archiv) [dts]