Der Öffentliche Gesamthaushalt hat im 1. Halbjahr 2023 rund elf Prozent mehr ausgegeben, aber nur rund sechs Prozent mehr eingenommen als im 1. Halbjahr 2022. Einnahmen von 889,7 Milliarden Euro standen Ausgaben von 965,8 Milliarden Euro gegenüber, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Freitag mit.
Damit schlossen die Kern- und Extrahaushalte von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung das 1. Halbjahr 2023 mit einem Finanzierungsdefizit von 76,1 Milliarden Euro ab. Nach Ergebnissen der vierteljährlichen Kassenstatistik verzeichneten zwar alle Ebenen des Öffentlichen Gesamthaushalts − Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherung − ein Defizit, jedoch trug der Bund den mit Abstand größten Teil, während die Kern- und Extrahaushalte der Länder nahezu ausgeglichen waren. Verglichen mit dem 1. Halbjahr 2022 hat sich das öffentliche Finanzierungsdefizit im 1. Halbjahr 2023 mehr als verdoppelt. Damals hatte das Defizit 32,9 Milliarden Euro betragen. Die Einnahmen aus Steuern und steuerähnlichen Abgaben stiegen im 1. Halbjahr 2023 geringfügig: 757,3 Milliarden Euro wurden bis Ende Juni 2023 eingenommen (1. Halbjahr 2022: 744,2 Milliarden Euro). Bei den Ländern ergab sich, vor allem durch die um ein Drittel (-33,5 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro) gesunkenen Grunderwerbsteuereinnahmen, gegenüber dem 1. Halbjahr 2022 ein Rückgang um 4,1 Prozent auf 175,8 Milliarden Euro, bei der Sozialversicherung – dort sind es die Beitragseinnahmen – ein Plus von 6,2 Prozent auf 319,4 Milliarden Euro. Die zuletzt stark gestiegenen Zinsen für Kredite und Darlehen schlugen sich vor allem beim Bund nieder: Der Zinsaufwand des Bundes an andere Bereiche hat sich mit +411,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 29,3 Milliarden Euro mehr als verfünffacht, während er bei den Ländern nur um 15,8 Prozent auf 5,6 Milliarden Euro gestiegen ist. Im Gegenzug haben sich beim Bund die Zinseinnahmen von anderen Bereichen mit 5,9 Milliarden Euro mehr als verdoppelt (+113,9 Prozent). Bei den Ländern fällt der Anstieg schwächer aus: Sie nahmen von anderen Bereichen 0,9 Milliarden Euro an Zinsen ein (+92,7 Prozent). Bei der Sozialversicherung haben sich die Zinseinnahmen von anderen Bereichen sogar mehr als versiebenfacht auf 0,8 Milliarden Euro (+641,3 Prozent). Laufende Zuweisungen, Zuschüsse und Schuldendiensthilfen gingen im 1. Halbjahr 2023 weiter zurück, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind Corona-Hilfen für Unternehmen und den Gesundheitssektor weitgehend entfallen. Bei den Gemeinden, die 105,5 Milliarden Euro aus Zuweisungen und Zuschüssen einnahmen, gab es ein Plus von 8,3 Prozent gegenüber dem 1. Halbjahr 2022. In fast allen Ländern stiegen die Zuweisungen an die Kommunalebene an. Wegen der Einführung des Deutschlandtickets und der damit verbundenen größeren Abhängigkeit von öffentlichen Zuweisungen wurden ab dem 2. Quartal 2023 etwa 440 Unternehmen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) als Extrahaushalte in den Öffentlichen Gesamthaushalt einbezogen. Das Hinzurechnen der Ausgaben und Einnahmen dieser Einheiten sorgt für Sondereffekte. So trägt es dazu bei, dass die Personalausgaben auf der Gemeindeebene deutlich stärker steigen als bei Bund und Ländern, da die meisten dieser ÖPNV-Einheiten – etwa 370 – der kommunalen Ebene angehören.
Die Aufnahme der ÖPNV-Einheiten spiegelt sich auch im Anstieg der sonstigen laufenden Einnahmen, zu denen Gebühren und Entgelte zählen. Sie stiegen bei den Gemeinden um 18,0 Prozent auf 21,8 Milliarden Euro, bei den Ländern um 11,7 Prozent auf 14,6 Milliarden Euro und beim Bund um 24,0 Prozent auf 14,1 Milliarden Euro. Der überproportionale Anstieg der Sachausgaben beim Bund (+20,7 Prozent auf 27,2 Milliarden Euro) geht ebenfalls zum Teil auf Ausgaben solcher ÖPNV-Einheiten zurück, von denen einige trotz regionalen Bezugs wegen ihrer Beteiligungsverhältnisse dem Bund zugerechnet werden (etwa die S-Bahnen in Berlin und Hamburg). Zum anderen Teil rührt er aus militärischen Beschaffungen, für die der Kernhaushalt 6,2 Milliarden Euro und das Sondervermögen Bundeswehr 1,2 Milliarden Euro ausgaben.
Die Ausgaben des Bundes betrugen im 1. Halbjahr 2023 rund 311,7 Milliarden Euro, das waren 17,7 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Bei um 12,6 Prozent auf 247,4 Milliarden Euro gestiegenen Einnahmen ergab sich ein Finanzierungsdefizit von 64,2 Milliarden Euro, das damit deutlich höher war als die 45,2 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum. Bei den Ländern ergab sich mit Einnahmen von 259,5 Milliarden Euro (-3,1 Prozent) bei Ausgaben von 259,6 Milliarden Euro (+3,8 Prozent) ein praktisch ausgeglichener Finanzierungssaldo, nach einem Überschuss von 17,8 Milliarden Euro im 1. Halbjahr 2022. Auch bei den Gemeinden und Gemeindeverbänden wuchsen die Einnahmen (+7,3 Prozent) schwächer als die Ausgaben (+11,0 Prozent).
Mit Einnahmen von 160,3 Milliarden Euro bei Ausgaben von 167,6 Milliarden Euro ergab sich im 1. Halbjahr 2023 ein Finanzierungsdefizit von 7,3 Milliarden Euro, das waren 5,7 Milliarden Euro mehr als im 1. Halbjahr 2022. Für die Sozialversicherung ergab sich ein Finanzierungsdefizit von 4,4 Milliarden Euro. Ausgaben und Einnahmen – 401,8 beziehungsweise 397,3 Milliarden Euro – blieben in etwa auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums, so das Bundesamt.
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