Der Militärische Abschirmdienst (MAD) der Bundeswehr sieht sich im Kontext der Ermittlungen gegen eine Reichsbürger-Gruppe dem Vorwurf ausgesetzt, anderen Sicherheitsbehörden womöglich wichtige Informationen vorenthalten zu haben. Der MAD soll bereits im September 2021 bemerkt haben, dass einer der späteren Rädelsführer der Gruppe, ein Ex-Oberst der Spezialeinheit „Kommando Spezialkräfte“ (KSK), versucht haben soll, für seinerzeit noch nicht näher bekannte Aktionen aktive Soldaten zu rekrutieren, wie die „Welt am Sonntag“ unter Verweis auf Ermittlungsakten des Verfahrens berichtet.
Der Ex-Oberst sei demnach dem MAD damals bereits wegen seiner Einbindung in die verschwörungsideologische „Querdenker“-Szene bekannt gewesen. Bei Demonstrationen gegen die Corona-Auflagen habe er extremistische Umsturzfantasien geäußert, hieß es. Die Kontaktanbahnung des Ex-Obersts wertete der MAD laut einem später erstellten Vermerk daher als „mögliches Rekrutierungsbestreben“. Statt andere Sicherheitsbehörden zu informieren oder den Vorfall unverzüglich im „Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum“ (GETZ) zu thematisieren, behielt der MAD seine Erkenntnisse über ihn zunächst aber offenbar für sich.
Der in dem Verfahren gegen die Reichsbürger-Gruppe federführende Generalbundesanwalt erfuhr davon den Akten zufolge erst im November 2022, nachdem er eine sogenannte Erkenntnisanfrage an den MAD gestellt hatte. Der MAD versicherte auf Anfrage der „Welt am Sonntag“, die „relevanten Informationen im Zusammenhang mit den Ermittlungen“ zur Reichsbürger-Gruppe seien „zeitnah und umfassend“ übermittelt worden. Die Fragen zum Zeitpunkt der Informationsübermittlung beließ der MAD mit Verweis auf das laufende Verfahren des Generalbundesanwaltes unbeantwortet. Die Reichsbürger-Gruppe war im Dezember 2022 bei einer groß angelegten Razzia mit rund 3.000 Polizisten ausgehoben worden.
Der Generalbundesanwalt wirft ihren Mitgliedern vor, einen gewaltsamen Umsturz und einen Sturm auf den Reichstag geplant zu haben. Bundestagsabgeordnete und führende Repräsentanten des Staates sollten demnach abgeführt und „verhaftet“ werden. Der Ex-KSK-Oberst spielte laut Generalbundesanwalt eine führende Rolle im „militärischen Arm“ der Gruppe. Den Ermittlungen zufolge soll er mit der Rekrutierung von Soldaten betraut gewesen sein.
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