Trotz der deutlich gestiegenen Flüchtlingszahlen bekommen Asylbewerber in Deutschland inzwischen schneller einen Bescheid als noch vor einem Jahr. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Clara Bünger hervor, über die die „Neue Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstagausgabe) berichtet.
Im ersten Halbjahr dieses Jahres betrug die durchschnittliche Dauer von Asylverfahren demnach 6,6 Monate – einen Monat weniger als 2022. Damit ist die Länge der Verfahren formal wieder auf dem gleichen Stand wie 2021. 2020 hatte die Dauer noch bei 8,3 Monaten gelegen, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wegen der Corona-Pandemie langsamer arbeitete und zeitweilig gar keine Bescheide zustellte. Inzwischen schafft das Bamf fast die Vorgaben des EU-Rechts, wonach Asylverfahren in der Regel innerhalb von sechs Monaten beendet werden sollen. Nach Einschätzung der Linken-Fraktion, die die Anfrage gestellt hatte, erklärt sich der Rückgang in der Bearbeitungszeit aber wohl zum Teil auch durch einen rein rechnerischen Effekt. Seit Anfang 2023 wird erst gerechnet, wenn die Zuständigkeit Deutschlands festgestellt wurde – zuvor wurde auch die Zeit miteinbezogen, die zur Klärung der Zuständigkeit nach der EU-Dublin-Verordnung benötigt wurde. Dies sei in etwa einem Drittel aller Verfahren der Fall. Wie lange Bewerber auf eine Entscheidung warten müssen, hängt auch mit ihrem Herkunftsland zusammen. Asylsuchende aus Afghanistan müssen etwas länger als neun Monate auf ihre Asylentscheidung warten, obwohl sie am Ende fast ausnahmslos einen Schutzstatus erhalten. Am längsten dauerten die Verfahren im Durchschnitt bei Asylsuchenden aus Nigeria (16,2 Monate), dem Senegal (12,8) und Iran (10,5). Auch wenn sich Asylsuchende juristisch gegen eine Ablehnung wehren und klagen, dauern Asylgerichtsverfahren wieder kürzer. Im ersten Halbjahr lag die Dauer im Schnitt bei 22 Monaten – deutlich unter dem Schnitt des Vorjahres 2022 mit 26 Monaten. „Schnelle Asylverfahren sind im Interesse der Asylsuchenden, die in ihrer großen Mehrheit einen Schutzstatus erhalten“, sagte Bünger. „Schnelligkeit darf nicht zulasten der Qualität der Verfahren gehen. Eine gute personelle Ausstattung des Bamf und der Verwaltungsgerichte ist deshalb besonders wichtig“, so die fluchtpolitische Sprecherin der Linken. Die Asylprüfung verlaufe in bestimmten Fällen zu schnell und oberflächlich.
Foto: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Archiv) [dts]