Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat ein Raubkunstgesetz gefordert und den Umgang der Deutschen mit von den Nazis geraubten Kulturgütern scharf kritisiert. „Versprochen wurde schon viel, geschehen ist so gut wie nichts“, sagte er dem „Spiegel“.
Stattdessen komme es, so Papier, „oft zu einem unwürdigen Gezerre um Kunstwerke“. Seit 2017 steht Papier jener Mediationsstelle vor, die immer dann schlichten soll, wenn um solche unter Raubkunstverdacht stehende Kunst gestritten wird. Denn immer schmettern Museen und andere Institutionen die Rückgabeforderungen der Erben jüdischer Sammler ab, sprechen von legalen Erwerbungen. Doch prüfen darf die 2003 gegründete „Beratende Kommission“ die Fälle nur, wenn beide Parteien das so wollen. Auch sind die dann ausgesprochenen Empfehlungen nicht bindend. In der kommenden Woche feiert das Gremium sein 20-jähriges Bestehen. Dass seit der Gründung nur in 23 Fällen Empfehlungen ausgesprochen worden seien, sei der Konstruktion der Kommission geschuldet: „Dass wir nicht häufiger eingeschaltet werden, liegt wohl vor allem an der Abwehrhaltung heutiger Besitzer solch strittiger Kunst. Wir dürfen eben nur tätig werden, wenn beide Seiten dem zustimmen“, sagte Papier. „Das ist eine der gravierendsten Fehlkonstruktionen im System. Statt das System zu kritisieren, wurde oft die Kommission diskreditiert.“ Zu lösen sei das Problem nur mit der Schaffung eines Raubkunstgesetzes, das zugleich dem Ansehen Deutschlands dienen würde, so Papier. „Wir brauchen einen anderen Umgang mit der Raubkunst und dazu unbedingt eine gesetzliche Grundlage. Nur so würde auch die berechtigte Kritik im In- und Ausland verstummen, die sagt, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht willens oder hinreichend in der Lage ist, das NS-Unrecht im Hinblick auf die Kulturgüter wiedergutzumachen.“
Foto: Bundesverfassungsgericht (Archiv) [dts]