Patriarch von Jerusalem sieht Zunahme von Angriffen auf Christen

Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa, sieht eine „deutliche Zunahme“ von Angriffen auf Christen in Jerusalem, seit die rechtsreligiöse Regierung von Benjamin Netanjahu im Amt ist. Der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Freitagausgabe) sagte Pizzaballa, es habe auch früher schon Aggressionen gegen Christen in der Stadt gegeben.

„Neu ist die Häufigkeit, mit der sie geschehen – und die Tatsache, dass sie fast schon ein `normales` Phänomen sind.“ Dieses Phänomen habe vor etwa zwanzig Jahren eingesetzt und seither zugenommen. „Man kann das nicht mehr episodisch nennen“, sagte Pizzaballa. Der Lateinische Patriarch ist einer der ranghöchsten Kirchenführer im Heiligen Land.

Seine Erzdiözese umfasst Israel, Palästina, Jordanien und Zypern mit rund 300.000 römisch-katholischen Christen. Pizzaballa wurde 2020 vom Papst ernannt. Am Sonntag verkündete Franziskus, dass er in den Kardinalsrang erhoben werden soll. Der Italiener, der seit 33 Jahren in der Region lebt, sagte, auch er selbst sei schon Ziel von Angriffen geworden.

So sei er bespuckt worden. Dies sei neben Beleidigungen zur Zeit das „hauptsächliche Phänomen“. Als Grund der Angriffe, die in erster Linie von extremistischen Juden verübt würden, sieht Pizzaballa vor allem Erziehung. „Es gibt Kinder, die Christen anspucken und anschreien – irgendjemand muss ihnen das beigebracht haben“, sagte er.

„Vielleicht gibt es eine junge Generation, etwa in den Siedlungen, die in einem extremistischen oder polarisierten Kontext aufgewachsen ist und keine Diversität kennt.“ Aus diesem Grund falle es den israelischen Behörden auch schwer, gegen das Phänomen vorzugehen. Pizzaballa beklagte, dass die Kirchen in Jerusalem auf politischer Ebene keine Kontakte zur Regierung hätten. Er rief ausländische Regierungen dazu auf, das Phänomen gegenüber der israelischen Regierung zur Sprache zu bringen.

Sie sollten „die Bedeutung der Christen in Jerusalem wieder stärker hervorheben“, so Pizzaballa. „In den vergangenen zwanzig Jahren ist das Thema von der diplomatischen Agenda verschwunden.“ Neben den gewaltsamen Übergriffen kritisierte der Patriarch auch, dass die Christen zum „Kollateralschaden“ israelischer Politik würden. Die Regierung wolle „ihre Politik umsetzen, den jüdischen Charakter Jerusalems hervorzuheben, aber dies hat eben auch Auswirkungen auf den christlichen Charakter“, sagte er.

Als Beispiel nannte er die Pläne, Teile des Ölbergs zu einem Nationalpark zu erklären. Dies definierte er als rote Linie. „Die heiligen Stätten sollten nicht angetastet werden“, sagte Pizzaballa. „Für mich ist der christliche Charakter Jerusalems Teil der multireligiösen und multikulturellen Identität der Stadt. Ihn zu erhalten, ist eine unserer wichtigsten Aufgaben.“

Foto: Tempelberg mit Felsendom in Jerusalem [dts]

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