Kretschmann sieht GEG-Verschiebung nicht als „Desaster“ für Ampel

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat Verständnis für die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geäußert, die Abstimmung über das Heizungsgesetz im Bundestag zu stoppen. „Die parlamentarische Demokratie fußt auf Legitimation durch Verfahren, Fristverkürzungen müssen die absolute Ausnahme sein“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.

Man habe es im Bundesrat schon unter der alten Bundesregierung zu oft erlebt, dass die Ausnahme zur Regel geworden sei. „Insofern begrüßte ich die Stärkung der Verfahren.“ Es sei auch kein „Desaster“ für die Ampel-Koalition, wenn ein Gericht etwas anders sehe als die Regierung, fügte Kretschmann hinzu. „Das ist der tiefere Sinn der Gewaltenteilung, dass Gerichte das letzte Wort haben.“

Kretschmann sagte weiter, dass das „Hin und Her beim Heizungsgesetz und die teils überzogene Debatte“ zur Verunsicherung der Bevölkerung beigetragen hätten. „Aber die Situation ist für die Politik auch sehr schwierig, und dieses Verständnis für die Komplexität der Dinge fehlt mir bei aller berechtigten Kritik oft.“ Der Klimawandel erzeuge einen „immensen Druck“: „Wenn wir zu langsam sind, erreichen wir Kipppunkte und können nichts mehr ändern. Sind wir zu schnell, verlieren wir an Zustimmung einer verunsicherten Bevölkerung. Da das richtige Maß zu finden ist sehr schwer.“

Kretschmann lobte unterdessen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für dessen Kurs: „In Krisen, und wir sind gerade in der schwersten der Nachkriegszeit, muss man ins Risiko gehen. Das macht Robert Habeck, und dafür verdient er Anerkennung und Respekt.“ Kretschmann fügte hinzu, aus seiner Sicht könne der Republik „nichts Besseres passieren“ als Politiker wie Habeck zu haben.

Zur weit verbreiteten Klage, dass in Deutschland vieles nur langsam vorangehe, vor allem der Bürokratieabbau oder die Ertüchtigung der Infrastruktur, sagte Kretschmann: „Ich kann den Verdruss vieler Bürger eins zu eins nachvollziehen, weil ich der erste Betroffene der Bürokratie bin. Manchmal frage ich mich, was ich als Ministerpräsident eigentlich noch machen kann, so umringt bin ich von all den Verordnungen und Gesetzen, die wir in 70 Jahren Demokratie aufgetürmt haben.“ So könne das Land nicht weitermachen. Beim Bau der Flüssiggasterminals habe man gesehen, „wie schnell und pragmatisch“ Politik handeln könne.

„Diese `Deutschland-Geschwindigkeit` muss künftig der Standard werden, wir müssen die Art und die Tiefe, in der wir regulieren, radikal infrage stellen.“

Foto: Winfried Kretschmann [dts]

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