Grüne uneins über Deregulierung von Gentechnik

Nachdem der Vorschlag der EU-Kommission zu einer Deregulierung der Gentechnik auf Widerstand bei den Grünen gestoßen war, gibt es Kritik aus den eigenen Reihen. Mit den bisherigen Regeln könne man „die Herausforderungen unserer Zeit, Klimawandel, Dürren und Ernährungskrisen nicht bewältigen“, sagte Katharina Fegebank (Grüne), Wissenschaftssenatorin und Zweite Bürgermeisterin Hamburgs, der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS).

Daher begrüße sie die Pläne der EU-Kommission. Der Vorschlag aus Brüssel eröffne „Forschung und neuen Technologien jetzt Chancen, Vorsorge zu treffen für eine nachhaltigere Zukunft.“ Bedenken müssten aber ernst genommen werden. Auch ihre Amtskollegin aus Baden-Württemberg, Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne), hält die Reform für eine „zentrale Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit unserer europäischen Forschung“. In den vergangenen Jahren sei es offenbar nicht gelungen, die Fortschritte der Forschung und damit einhergehende Chancen in die Breite der Bevölkerung zu kommunizieren. „Ich befürworte die Anpassung des EU-Gentechnikrechts an den aktuellen Stand der Wissenschaft“, so Olschowski. Der Schweizer Agrarwissenschaftler Urs Niggli, ein Pionier des Ökoanbaus, sagte dazu: „Meine Philosophie war immer, und das ist auch das Ergebnis von dreißig Jahren Ökolandbauforschung, dass auch nachhaltige, systemorientierte Anbausysteme sehr gute Sorten brauchen.“ Und diese bekomme man nun mal mit der Genschere. Neuen Sorten würden „eine wichtige Rolle in nachhaltigen Anbausystemen spielen“, so Niggli, der drei Jahrzehnte lang das Forschungsinstitut biologischer Landbau in Frick leitete. Anders sieht das die ehemalige Landwirtschaftsministerin, Renate Künast (Grüne). „Ich habe überhaupt kein Verständnis für diesen Vorschlag, der passt doch gar nicht zum Green Deal“, sagte sie. Künast plädierte dafür, beim alten Recht zu bleiben: „Ordentliche Zulassungsverfahren, transparente Gutachten und Wahlfreiheit für die Verbraucher.“ In der Ampel-Koalition bahnt sich darüber ein weiterer Konflikt zwischen FDP und Grünen an. Für die Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) wäre es „sehr unschön“, wenn sich Deutschland in Europa nicht zu einem Ja durchringen könnte. Zu Brot aus Crispr-Weizen würde die Forschungsministerin jedenfalls sorgenfrei greifen. Auch Carina Konrad (FDP), Mitglied in den Ausschüssen für Umwelt und Landwirtschaft, fände es „fatal“, die neue Technik aus Prinzip abzulehnen.

Denn während der Klimawandel überall auf der Welt die Ernten kaputt mache, steige die Zahl der Menschen rasant an. „Wir können doch nicht sagen: Es gibt halt nicht genug für alle“, sagte Konrad.

Foto: Winterweizen in frühem Stadium [dts]

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