Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) fordert angesichts der schwachen Wirtschaftsentwicklung eine Neujustierung der Politik und spricht sich gleichzeitig gegen ein klassisches Konjunkturprogramm aus. „Das lässt sich nicht mit einem Konjunkturprogramm auf Pump reparieren, sondern nur mit einer grundlegenden Trendumkehr“, sagte Lindner dem „Handelsblatt“ (Montagausgabe).
„Deutschland hat seit mindestens zehn Jahren mit Bürokratismus, Wunschdenken in der Energiepolitik, Sozialausgaben statt Investitionen, zu hohen Steuern und Abgaben die Belastungsgrenze der Wirtschaft getestet“, sagte der Finanzminister. „Jetzt stellen wir im Vergleich zu anderen fest, dass die Grenze überschritten ist.“ Lindner hat kürzlich einen Entwurf für ein sogenanntes „Wachstumschancengesetz“ vorgelegt, mit dem er Unternehmen steuerlich entlasten will. Auch die SPD zeigt sich besorgt über die wirtschaftliche Lage, ist aber ebenfalls gegen ein klassisches Konjunkturprogramm. „Deutschlands wirtschaftliche Lage ist enorm angespannt, mit negativen Folgen für unsere industrielle Substanz und die Arbeitsplätze hierzulande“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Bernd Westphal, dem „Handelsblatt“. „Die hohen Energiekosten und Strompreise sind für die Wirtschaft nur schwer zu schultern.“ Westphal betonte: „Die Rufe nach breit angelegten Konjunkturprogrammen gehen am Problem vorbei.“ Es sei viel wichtiger, dass der Staat zielgerichtet in Schlüsseltechnologien investiere und bestmögliche Bedingungen für den Erhalt der Wirtschaft schaffe, etwa über einen Industriestrompreis.
„Zeitlich befristet könnte ein Transformationsstrompreis eine zentrale Brücke sein, bis die Strompreise über den geplanten Hochlauf der erneuerbaren Energien wettbewerbsfähig sind“, sagte Westphal. Das Geld für die Maßnahme könne etwa aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds kommen. Das lehnt Finanzminister Lindner allerdings ab.
Foto: Christian Lindner (Archiv) [dts]