Jeder fünfte Arbeitnehmer in Deutschland hat in den vergangenen drei Jahren den Job gewechselt. Während die Wechselaktivitäten der Beschäftigten im ersten Corona-Jahr deutlich zurückgegangen und dann 2021 regelrecht eingebrochen waren, ist seit rund einem Jahr wieder eine Steigerung festzustellen.
Das geht aus einer Studie der Strategieberatung EY-Parthenon hervor, über die die „Welt am Sonntag“ berichtet. Deutschlandweit wurden hierfür mehr als 3.300 Arbeitnehmer aus 20 Branchen befragt. Nur 4,4 Prozent der Beschäftigten entschieden sich zwischen März 2021 und Februar 2022 zu einem Arbeitsplatzwechsel – das langjährige Niveau lag bis dato bei jährlich acht bis neun Prozent. Da sich mit zunehmender Dauer der Pandemie die Lage am Arbeitsmarkt entspannte, stieg die Zahl der Jobwechsel in der Folge wieder an. Aktuell liegt die Quote bei 8,9 Prozent zwischen März 2022 und Februar 2023 und damit am oberen Ende des Durchschnittsniveaus. Am deutlichsten war die Abwanderung von Arbeitskräften in der Hotel- und Gastronomiebranche. Insgesamt ist die Zahl der Beschäftigten in diesem Bereich zwischen März 2020 und August 2022 um fast 14 Prozent gesunken. Dagegen konnten die Branchen Internet- und Informationstechnologie (IT) während Corona am deutlichsten profitieren. Auch in die öffentliche Verwaltung wechselten viele Beschäftigte. Der Zuwachs betrug in diesen Sektoren zehn beziehungsweise neun Prozent zwischen März 2020 und August 2022. Anders sieht es bei den Berufsanfängern aus. Hier konnten den Daten zufolge die Bereiche Medien und PR, Erziehung und Bildung sowie IT gegenüber der Vor-Corona-Zeit die meisten Zugänge verzeichnen. Auffällig ist jedoch: „Wechselwillige Arbeitnehmer bleiben ihrer Branche nicht unbedingt treu“, sagte Gregor Enderle, Volkswirt und Partner bei EY-Parthenon. Im Mittel entscheidet sich mehr als jeder zweite Arbeitnehmer (60,7 Prozent) für eine andere Branche, wie aus der Untersuchung hervorgeht. „Die geringe Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber muss ein Warnsignal für Unternehmen sein“, sagte Ederle. Heutzutage sei es schwieriger, loyale Beschäftigte an sich zu binden und zu halten.
Ein „wahrer Aderlass“ sei in der Automobilbranche zu beobachten, erklärte Ederle. Lediglich sechs Prozent der Arbeitnehmer hätten sich beim Jobwechsel wieder für diesen Sektor entschieden, mehr als 90 Prozent hätten sich einen anderen Wirtschaftszweig gesucht. Das Gehalt ist den Daten zufolge der meistgenannte Grund für eine neue Stelle. In Summe überwiegen aber die sogenannten weichen Faktoren wie der Wunsch nach mehr Abwechslung, einer neuen Perspektive, einer besseren Unternehmenskultur oder auch günstigeren Rahmenbedingungen und Arbeitszeiten.
Foto: Glasfassade an einem Bürohaus [dts]