Die Umgehung des westlichen Ölpreisdeckels bringt Russland nach Berechnungen von Guntram Wolff, dem Direktor der deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, milliardenschwere Zusatzeinnahmen. „Ein Teil des Brennstoffs wird über den Pazifikhafen Kozmino zu Preisen abgesetzt, die über den erlaubten 60 Dollar je Fass liegen“, sagte er dem „Spiegel“.
„Das hat dem Kreml allein im ersten Quartal dieses Jahres über drei Milliarden Euro an Profiten oberhalb des Preisdeckels eingebracht.“ Zudem habe Moskau im vergangenen Jahr dank der hohen Energiepreise zusätzliche Finanzreserven von vermutlich über 140 Milliarden Euro aufhäufen können. „Mit dem Geld kann Moskau im Ausland Waffen und Material kaufen und seine Kriegsmaschine am Laufen halten.“ Der Ökonom empfiehlt der westlichen Staatengemeinschaft, die Finanzsanktionen gegen Moskau zu verschärfen. Die Regierungen müssten ihre Notenbanken und Banken anhalten, mehr zur Offenlegung der Finanzströme des Kreml und zur Stilllegung seiner Devisenreserven zu unternehmen. Außerdem solle der Westen „die Reeder und Versicherer, die das Öl verschiffen, zu größerer Transparenz verpflichten“, sagte Wolff dem „Spiegel“. Werde die Zahl der Banken reduziert, die mit Russland weiter Geschäfte abwickeln dürfen, sinke zudem der Kontrollaufwand.
Foto: Kreml [dts]