Die in Deutschland für die Post zuständigen staatlichen Kontrolleure haben offenbar kaum Handhabe, gegen Unzuverlässigkeiten in der Briefzustellung vorzugehen. Das belegen Unterlagen, die der „Spiegel“ als Antwort auf eine Anfrage über das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) von der Bundesnetzagentur erhalten hat.
Eigentlich soll der Staat gewährleisten, dass Briefe verlässlich ankommen, mindestens 80 Prozent aller Briefe – gerechnet über den Durchschnitt der Republik – müssen einen Werktag nach der Leerung am Ziel sein. Die Unterlagen der Netzagentur offenbaren laut „Spiegel“ großen Unmut bei vielen Bürgern. Ein Kunde monierte beispielsweise, sein Hausbriefkasten sei plötzlich „voller alter Briefe“ gewesen, unter anderem mit einem „Passwort meiner Versicherung, das bereits wieder abgelaufen ist und neu beantragt werden muss“. Die Netzagentur hadert mit ihren überschaubaren Befugnissen bei der Post-Kontrolle: „Wir haben anders als im Telekommunikationsbereich im Moment kein scharfes Schwert, um Qualitätsstandards gegenüber der Post durchzusetzen“, sagte Behördenpräsident Klaus Müller. Wenn sich Beschwerden in einzelnen Gebieten häufen, kann die Behörde sogenannte Anlassprüfungen durchführen. Es ist das schärfste Instrument, welches die Behörde bislang zur Verfügung hat. Doch die vermeintliche Kontrolle gleicht einer routinierten Pflichterfüllung ohne Ermittlungseifer und ohne Konsequenzen: Die Netzagentur schreibt an die Post und bittet um Erklärung für Probleme in der Zustellung, die Post antwortet beschwichtigend und gelobt Besserung. In der Replik auf eine Anlassprüfung Ende 2022 in Nürnberg etwa verwies der Konzern unter anderem darauf, dass im Oktober ein Viertel der Belegschaft krank gewesen sei: Zudem sei es „wegen der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt“ schwer möglich gewesen, zusätzliches Personal einzustellen. Mittlerweile sei die Zustellsituation aber wieder „weitgehend stabil“, so die Post. Für Rückfragen stehe man „gerne zur Verfügung“. Die Bundesregierung scheint nicht in der Lage, an der laxen Kontrolle schnell etwas zu ändern: Zwar will das Bundeswirtschaftsministerium das alte Postgesetz überarbeiten – ursprünglich wollte die Regierung die Novelle bis zum Sommer ins Bundeskabinett bringen – allerdings wird der Entwurf voraussichtlich erst im September von der Ministerrunde beraten. Wesentliche Fragen sind noch offen.
Foto: Postbotin [dts]