Die US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) hält es für wahrscheinlich, dass Russland den Drohnenangriff auf den Kreml in der Nacht zu Mittwoch selbst inszeniert hat. Damit habe man die russische Öffentlichkeit auf den Krieg aufmerksam machen und die Voraussetzungen für eine breitere gesellschaftliche Mobilisierung schaffen wollen, heißt es in einer aktuellen Analyse des Instituts.
Das ISW sieht mehrere Indikatoren, die auf eine „False Flag“-Operation hindeuteten: So hätten die russischen Behörden kürzlich Schritte unternommen, um die inländischen Luftverteidigungskapazitäten zu erhöhen, auch in Moskau selbst. Das zeigten geolokalisierte Bilder vom Januar, heißt es weiter. Es sei daher „äußerst unwahrscheinlich“, dass zwei Drohnen mehrere Schichten der Luftverteidigung durchdrungen hätten und direkt über dem Kreml in einer Weise detonierten oder abgeschossen worden seien, „die spektakuläre Bilder lieferte, die von der Kamera gut eingefangen wurden“. Die „sofortige, kohärente und koordinierte“ Reaktion Moskaus auf den Vorfall deute laut ISW außerdem darauf hin, dass der Angriff intern so vorbereitet worden sei, dass seine „beabsichtigten politischen Auswirkungen die Peinlichkeit überwiegen“. Die schnelle und einheitliche Präsentation einer offiziellen russischen Darstellung des Angriffs lasse zudem vermuten, dass Russland diesen Vorfall in unmittelbarer Nähe zum 9. Mai, dem „Tag des Sieges“, inszeniert hätte, um den Krieg für sein heimisches Publikum als „existenziell“ darzustellen. Einige nationalistische Militärblogger hätten den Drohnenangriff genutzt, um eine „russische Eskalation des Krieges zu fordern, obwohl Russland derzeit nicht über die militärischen Fähigkeiten dazu verfügt“, so das ISW.
Foto: Mauer des Kreml in Moskau [dts]