Der Vorsitzende der unabhängigen Monopolkommission, Jürgen Kühling, befürwortet die Einigung der Bundesregierung auf eine Reform des Wettbewerbsrechts. „Die neuen Eingriffsmöglichkeiten für das Bundeskartellamt sind im Grundsatz zu begrüßen“, sagte Kühling dem „Handelsblatt“ (Mittwochausgabe).
Nach mehr als einem halben Jahr Verhandlungen haben sich am Dienstag die Bundesministerien Wirtschaft, Finanzen und Justiz auf einen Gesetzesentwurf geeinigt, der am Mittwoch durch das Kabinett beschlossen werden soll. Dem Bundeskartellamt soll es ermöglicht werden, in Märkte einzugreifen, wenn dort nur unvollständiger Wettbewerb herrscht. Die Behörde kann dann Maßnahmen bis hin zur Zerschlagung ergreifen. Bislang konnte das Kartellamt nur bei illegalem Verhalten der Marktteilnehmer eingreifen. Im Vergleich zum ersten Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums aus dem September hat die Regierung die Hürden für Eingriffe des Kartellamts erhöht. Der Monopolkommissions-Vorsitzende Kühling sagte, er habe zwar Vertrauen in das Kartellamt: „Mit Blick auf die Akzeptanz des neuen Instruments ist es aber grundsätzlich sinnvoll, dass es nur bei Wettbewerbsstörungen von Gewicht zum Einsatz kommt.“ Kritik kommt hingegen aus der FDP-Bundestagsfraktion. Der für Wettbewerbspolitik zuständige Abgeordnete Gerald Ullrich hält den Machtgewinn des Kartellamts weiter für gefährlich.
„Wir wollen kein staatliches Marktdesign, das von einer Behörde zugeschnitten werden kann“, sagte Ullrich. „Eingriffsmöglichkeiten in den Markt sollten nicht einer Behörde zugestanden werden, diese Hoheit muss weiterhin die Legislative haben.“ Er kündigte an, im parlamentarischen Verfahren auf Änderungen hinzuwirken. Noch deutlichere Kritik kommt von der Deutschen Industrie- und Handelskammer.
„Damit verlässt die Bundesregierung die bewährten Grundprinzipien des Europäischen Wettbewerbsrechts“, sagte ihr Chefjustiziar, Stephan Wernicke. Er befürchtete, dass das Bundeskartellamt durch die neuen Befugnisse künftig Preise und Konditionen in Märkten beaufsichtigen werde.
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