Der Direktor der Denkfabrik Global Public Policy Institute (GPPI) in Berlin, Thorsten Benner, hat die Bundesregierung dazu aufgerufen, ihre neue China-Strategie auf eine Verringerung der wirtschaftlichen Abhängigkeit auszurichten. „Eine der wichtigsten Aufgaben der China-Politik ist Abschreckung gemeinsam mit verbündeten Staaten, damit die Regierung in Peking nicht zur Gewalt greift, um die Kontrolle über Taiwan zu gewinnen“, sagte Benner dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.
„Unser Beitrag zu dieser Abschreckung ist nicht militärischer, sondern wirtschaftlicher und technologischer Natur.“ Wenn man aber selbst komplett abhängig sei, könne man nicht glaubwürdig damit drohen, die wirtschaftlichen und technologischen Beziehungen zu kappen, wenn jemand Gewalt anwende. Man müsse Abhängigkeiten auch deshalb reduzieren, „damit wir am Tag X, an dem es möglicherweise zum Krieg zwischen den USA und China kommt, diesen Schock volkswirtschaftlich verkraften können“. Als „wegweisend“ bezeichnete Benner die Grundsatzrede von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die in dieser Woche gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron China besucht. Von der Leyen hatte in der vergangenen Woche gefordert, wirtschaftliche Risiken im Verhältnis zu China zu minimieren, und für eine geeinte europäische Haltung plädiert. „Wir müssen selbst dafür sorgen, dass wir nicht das schwächste Glied in der Kette in Europa sind aufgrund unserer Abhängigkeit und Erpressbarkeit“, sagte Benner. Deutschland sei da in einer sehr exponierten Stellung, „gerade auch mit Blick auf die Risiken bei unserer Energiewende“. Der Politologe nahm Bezug auf Aussagen von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), der erneuerbare Energien in einer Rede nach dem russischen Überfall auf die Ukraine als „Freiheitsenergien“ bezeichnet hatte, weil sie Deutschland unabhängiger etwa von russischem Gas machten.
„Momentan sind es Unfreiheitsenergien, weil wir bei allen Kerntechnologien der Energiewende, bei Solar, bei Batterien, zunehmend auch bei Wind, wenn wir nicht gegensteuern, von China abhängig sind“, so Benner. 95 Prozent der Solarzellen beziehe Deutschland inzwischen aus China.
Foto: Finanzdistrikt in Peking [dts]