CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz sieht den Bundestag in einer Bedeutungs- und Repräsentationskrise. Es gebe einen „Trend zum Funktionärsparlament“, sagte Merz im „Spiegel“.
„Landwirte, Arbeitnehmer, Betriebsleiter, Unternehmer, auch Beamte und Hochschullehrer – früher hat das Parlament den Querschnitt der Bevölkerung besser abgebildet“, sagte er. Heute sei das Mandat so eng gefasst, dass die Zahl der Leute gesunken sei, die unabhängig seien. „Alles, was außerhalb des Parlaments beruflich gemacht wird, steht unter einem enormen Rechtfertigungszwang“, so Merz. Das habe Folgen in der Zusammensetzung des Bundestages.
„Zählen Sie mal zusammen, wie viele Berufslose und Studienabbrecher heute im Bundestag sitzen.“ Der alarmierende Trend sei auch auf der Regierungsbank sichtbar. Zur Kernzeit im Plenum sitze dort teilweise nicht ein einziger Bundesminister. „Stattdessen schauen Sie in ein Heer von unbekannten Gesichtern, Statisten der Macht, Parlamentarische Staatssekretäre, alle vertieft in ihre Handys und Laptops. Da hat sich etwas im Alltag des Bundestages geändert“, sagte Merz.
„Es gibt in dieser Bundesregierung heute 37 Parlamentarische Staatssekretäre, die höchste jemals gemessene Zahl.“ Sie seien einst zur Unterstützung der Arbeit der Minister gedacht gewesen. Heute seien sie Merz zufolge „Ersatzkarrieren mit großem Apparat dahinter“, die bis auf wenige Ausnahmen ohne Bedeutung in den Ministerien und ohne jede Wirkung nach außen seien.
An eine rasche Trendumkehr glaubt Merz nicht. „Dieses Selbstwertgefühl, dass man hier im Parlament bereits Mitglied des obersten deutschen Verfassungsorgans ist und nicht unbedingt noch was vermeintlich Höheres erreichen muss, dieses Selbstwertgefühl findet man nicht mehr so ausgeprägt“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende.
Foto: Bundestagsplenum [dts]