Die Linke will in der Debatte über steigende Flüchtlingszahlen mit einem Vorstoß für Pflichtverteidiger für Menschen in Abschiebehaft einen neuen Akzent setzen. „Wer per Gerichtsbeschluss inhaftiert wird, muss Anrecht auf Rechtsbeistand haben“, sagte Linken-Chef Martin Schirdewan der „Rheinischen Post“ und dem „General-Anzeiger“ (Montagsausgaben).
„Das muss auch und gerade für Menschen gelten, die oft ohne hilfreiche Sprach- und Rechtskenntnis in einem fremden Land darauf warten, unter Zwang in das Land zurückgebracht zu werden, aus dem sie gerade unter Lebensgefahr geflohen sind.“ Pflichtverteidiger für Menschen in Abschiebehaft sollten eine Selbstverständlichkeit sein. Nach Auskunft der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl sollen Pflichtverteidiger Geflohene davor schützen, überhaupt erst in Abschiebehaft zu kommen. Ein Schutz vor Abschiebung sei damit nicht automatisch verbunden, so ein Sprecher von Pro Asyl.
Allerdings gehe Abschiebehaft in vielen Fällen auch mit späterer Abschiebung in die Herkunftsländer einher. Derzeit sitzen mehrere Hundert Menschen in deutschen Abschiebegefängnissen. Die Linke unterstützt damit einen Aufruf mehrerer Flüchtlingshilfsorganisationen. Den Angaben zufolge waren im ersten Quartal vergangenen Jahres rund 1.000 Menschen in Deutschland in Abschiebehaft.
Schirdewan sagte dazu: „Menschen in Abschiebehaft sind der Bürokratie praktisch schutzlos ausgeliefert. Wer zu Unrecht abgeschoben wird, dem droht im Herkunftsland oft schlimmste Gefahr. Schätzungen zufolge sind rund die Hälfte der Abschiebehaftanordnungen nicht rechtmäßig.“ Der Linke-Vorsitzende begrüßte es, wenn in diesem Zusammenhang auch „über Lastenverteilung und bestmögliche Integration von geflüchteten Menschen“ gesprochen werde.
Auch der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Helge Limburg, unterstützt die Forderung nach Pflichtverteidigern für Menschen in Abschiebehaft. Limburg sagte den Zeitungen: „Im Grundsatz ist jede Form von Freiheitsentzug ein so gravierender Eingriff in Grundrechte, dass der Staat die Rechte von Inhaftierten wahren muss – auch in Form eines Rechtsbeistandes. Abschiebehaft ist bereits jetzt qua Gesetz Utima Ratio, also letztes Mittel.“ Es gehe darum, Menschen vor Abschiebehaft zu schützen.
Angesichts zahlreicher Fälle rechtswidriger Abschiebehaft in der Vergangenheit müsse es zudem gesetzliche Entschädigungsregelungen für unrechtmäßige Inhaftierungen geben. Über eine eventuelle Abschiebung selbst werde ohnehin gesondert entschieden. Zuletzt hatte die Unionsfraktion im Bundestag wegen steigender Flüchtlingszahlen mehr Grenzkontrollen und eine Offensive zur Rückführung von Flüchtlingen in deren Heimatländer gefordert.
Foto: Gefängnis [dts]