An der Anfang November geplanten China-Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entzündet sich Kritik. Im Bundeswirtschaftsministerium, im Auswärtigen Amt und in der EU befürchtet man laut Bericht des „Handelsblatts“, Scholz setze mit seiner Reise den konzilianten China-Kurs seiner Vorgängerin Angela Merkel (CDU) fort.
Im Umgang mit China müsse es darum gehen, „kritische Abhängigkeiten zu reduzieren“ und „andere Märkte in der Region zu erschließen“, betont ein hochrangiger EU-Beamter mit Blick auf die geplante Scholz-Reise. Noch deutlicher wird Grünen-Außenpolitiker Reinhard Bütikofer: „Es gibt in der EU große Vorbehalte gegen die Reise des Kanzlers. Gerade weil Deutschland noch immer an der Last zu tragen hat, in der Russlandpolitik stets alles besser gewusst zu haben, ist es nicht besonders clever, jetzt in der Chinapolitik wieder so zu tun, als ob man alles besser wüsste.“ Wie kritisch in Brüssel China gesehen wird, geht auch aus einem Thesenpapier des Auswärtigen Dienstes der EU hervor, über das das „Handelsblatt“ berichtet. Es beschreibt die Volksrepublik als „strategischen Wettbewerber“ und stellt klar: „Die Abhängigkeit der EU von bestimmten chinesischen Importen und Produkten ist eine strategische Schwachstelle.“ Auch in Berlin gärt es, insbesondere im Auswärtigen Amt und dem Bundeswirtschaftsministerium. Dort versucht man seit Monaten besonders die großen Unternehmen davon zu überzeugen, dass sie sich unabhängiger vom chinesischen Markt machen sollten. Eine China-Reise ausgerechnet mit Wirtschaftsdelegation sendet aus dieser Sicht ein falsches Signal.
Auch Thorsten Benner, Direktor des Berliner Global Public Policy Institute, sieht die Mitnahme einer Wirtschaftsdelegation kritisch. Wenn Scholz Chinas Alleinherrscher Xi mit DAX-Chefs im Schlepptau seine Aufwartung mache und dann auch noch grünes Licht für die Cosco-Beteiligung am Hamburger Hafen als Mitgift mitbringe, sende er das fatale Signal der Fortführung des kurzsichtigen „Merkel-Merkantilismus“, so Benner.
Foto: Olaf Scholz [dts]