Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat mit Ablehnung auf den von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) vorgelegten Entwurf für eine Alternative zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung reagiert. Die durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingeräumten Möglichkeiten zur Schaffung gezielter Speicherverpflichtungen „werden in dem Entwurf nicht umgesetzt“, sagte Faeser dem „Handelsblatt“ (Mittwochausgabe).
Ausdrücklich habe der EuGH entschieden, dass IP-Adressen von Computern gespeichert werden dürften, um schwere Kriminalität bekämpfen zu können. „Was der EuGH ausdrücklich für mit unseren Grundrechten vereinbar erklärt hat und was für die Bekämpfung schwerer Kriminalität dringend erforderlich ist, sollten wir umsetzen.“ Der EuGH gestatte etwa auch gezielte Speicheranordnungen für Orte wie Flughäfen oder Bahnhöfe und für Gegenden mit einer hohen Kriminalitätsbelastung, sagte Faeser weiter. „Für die Bekämpfung schwerer Straftaten und für den Schutz unserer inneren Sicherheit sind das sehr wichtige Aussagen des Europäischen Gerichtshofs“, so die Ministerin. „Die damit eröffneten rechtlichen Möglichkeiten müssen wir nutzen, um bei der Bekämpfung von organisierter Kriminalität, von extremistischen und terroristischen Bedrohungen und anderen schweren Straftaten konsequent handeln zu können.“ Buschmann hatte zur Speicherung von Daten ein sogenanntes „Quick-Freeze“-Verfahren mit Richtervorbehalt vorgeschlagen. Das bedeutet, dass ein Telekommunikationsanbieter auf richterliche Anordnung bei einem Anfangsverdacht Daten zu einzelnen Nutzern für einen bestimmten Zeitraum speichern müsste. Im Koalitionsvertrag ist „Quick Freeze“ allerdings nicht explizit erwähnt. Einige Ermittler halten dieses Verfahren für keine brauchbare Alternative zur Vorratsdatenspeicherung. Faeser sagte, das „Quick-Freeze“-Verfahren könne „als flankierendes Instrument in spezifischen Anwendungsfällen zum Einsatz kommen und wichtige Ermittlungserkenntnisse liefern“. Es sei allerdings „kein adäquater Ersatz für eine Speicherung von IP-Adressen“. Faeser sagte, das sei für sie keine ideologische Frage. „Ich will keine alten Debatten führen, sondern pragmatisch handeln im Sinne der Freiheit und Sicherheit der Menschen in Deutschland“. Der Koalitionsvertrag knüpfe an die jüngste EuGH-Entscheidung an – „und gibt uns daher den Raum, das, was zulässig und dringend notwendig ist, auch umzusetzen“. Dabei sei ihr die entschiedene Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder besonders wichtig. Kein Täter dürfe sich sicher fühlen vor Strafverfolgung. „Die Speicherung der IP-Adressen, mit denen wir Täter identifizieren können, ist unbedingt erforderlich – und nach dem EuGH Urteil zulässig“, sagte die SPD-Politikerin.
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