Den deutschen Nachrichtendiensten fehlen Mitarbeiterinnen. Gerade für den operativen Bereich, also den Einsatz draußen, gebe es zu wenig Frauen, schreibt der „Spiegel“.
Spitzenbeamte sind sich demnach sicher, dass die Dienste mit mehr Frauen besser arbeiten würden. „Wir können nicht genug Frauen bei uns im Amt haben, sie leisten hervorragende Arbeit“, sagte etwa der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang. Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, sagte, an dem niedrigen Frauenanteil sei das öffentliche Bild schuld: Man werde „mehrheitlich leider noch immer als sehr männlich wahrgenommen“. Dem müsse man dringend begegnen, „da so oft auch interessante Bewerberinnen abgeschreckt werden“.
Globale Sicherheit werde komplexer und vielfältiger, deswegen setze er auf mehr weibliche Vorbilder in den Führungsetagen. Im Kanzleramt fordert man nun deutlich mehr Anstrengungen von den Behörden. Dort leitet mit Dagmar Busch erstmals eine Frau die Abteilung 7, die für die Koordinierung der Nachrichtendienste und die Kontrolle des BND zuständig ist. „Wir wünschen uns einen höheren Frauenanteil“, sagte Busch dem „Spiegel“.
Man wolle diverser und inklusiver werden. „Ein solcher attraktiver Arbeitgeber wird kluge Bewerberinnen gewinnen und mit ihnen seine Aufgaben noch besser erfüllen können.“ Auch in den Landesämtern für Verfassungsschutz liegt der Frauenanteil zwischen „ungefähr 30 Prozent“ in Schleswig-Holstein und rund 43 Prozent etwa in Hessen, wie die Behörden auf „Spiegel“-Anfrage mitteilten. Aussagekräftiger wäre der Frauenanteil im operativen Bereich, doch auf die Frage danach wollten nur zwei Behörden antworten.
In Niedersachsen sind es demnach 21 Prozent, in Sachsen „ca. 20“. Verfassungsschützer aus anderen Ländern berichteten, dass es bei ihnen kaum besser aussehe. Auch aus dem Parlament kommt Kritik an der zu männlich geprägten deutschen Sicherheitsarchitektur.
„Wir Frauen legen den Finger manchmal deutlicher in die Wunde“, sagt die CSU-Politikerin Andrea Lindholz, die Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium war. Sie selbst etwa habe früh begonnen, bei Fällen von Rechtsextremismus die Einzeltätertheorie zu hinterfragen, die immer wieder von Behördenchefs vorgetragen worden sei. Irene Mihalic von den Grünen und ihre SPD-Kollegin Marja-Liisa Völlers, die beide derzeit im Kontrollgremium sitzen, fordern mehr Vielfalt. Denn, so Völlers: „Gerade Bedrohungen müssen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet, analysiert und bewertet werden.“
Tatsächlich hat das Bundeskriminalamt zwischen 2011 und 2021 nur „im einstelligen Bereich“ Verfahren gegen Frauen wegen Spionage geführt, wie es laut „Spiegel“ mitteilte – also gegen maximal neun Frauen in zehn Jahren. Das ist ein Bruchteil der Verfahren, die gegen Männer geführt werden, dabei setzen andere Nachrichtendienste häufig Frauen ein.
Foto: BND-Zentrale [dts]