Wenn Spitzenpolitiker oder andere Prominente mit dem Zug reisen, sollen sie offenbar den Eindruck einer besonders gut funktionierenden Bahn bekommen. Der „Spiegel“ berichtet, es gebe es im Unternehmen die „Konzernrichtlinie 199, Modul 1, Reisen nach Sondervorschrift (RnS)“.
Sie sehe vor, wie der Bahnbetrieb bei diesen Fahrten absolut störungsfrei abzulaufen habe, berichtet das Magazin. Zum Sonderservice gehöre, dass der betroffene Zug vor Abfahrt besonders sorgfältig geprüft werde. Bestünden geringste Zweifel an seiner Funktionsfähigkeit, werde er nach Möglichkeit vor der Abfahrt ausgewechselt. Auf der Strecke würden zusätzliche Reiniger in den Zug geschickt, um die Abteile sauber zu halten. Die „Konzernrichtlinie 199, Modul 1“ ist laut „Spiegel“-Bericht auch in den Leitstellen und Stellwerken der Bahn bekannt. Sie hätten sicherzustellen, dass für den Zug nach Möglichkeit alle Signale auf grün stehen. Das Fahren nach Sondervorschrift hat bei der Deutschen Bahn Tradition. Vor der Fusion der Deutschen Bundesbahn mit der Deutschen Reichsbahn gab es eine entsprechende Richtlinie, die „Dienstvorschrift 470“. Das 16-seitige Regelwerk ist in einer Version von 1976 im Internet verfügbar. Auch dort ist der Ablauf der VIP-Fahrten detailliert aufgelistet. „Die Wagen müssen gründlich gereinigt, mit den erforderlichen Geräten und Stoffen ausgerüstet und der Witterung entsprechen vorgeheizt sein“, heißt es etwa. Zudem solle in den Nachtstunden während des Aufenthalts weitgehend Ruhe herrschen. „Beim Rangieren ist Lärm möglichst zu vermeiden“. Die Deutsche Bahn bestätigte, dass noch heute Sonderregeln für bestimmte Personen gelten, weil „ebenso wie im Straßen- oder im Luftverkehr auf Grundlage von Vorgaben der Sicherheitsbehörden dem besonderen Schutz- und Sicherheitsbedürfnis Rechnung getragen“ werden müsse, schreibt der „Spiegel“ weiter. Die Regelung gelte aber nicht für Vorstandsmitglieder der Bahn. Zudem erfolge sie im „Rahmen des öffentlichen Fahrplans“, Sonderhalte würden nicht gewährt. „Ebenso reisen die Passagiere auf eigene Kosten mit regulären Tickets.“ Wer genau zum Kreis der Erlauchten gehört, ist nicht bekannt. Aber schon Bundestagsabgeordnete müssen ihre Bahnfahrten nicht wirklich selber zahlen: sie bekommen vom Staat, dem die Bahn gehört, eine kostenfreie Bahncard 100 gestellt.
Foto: ICE 1 [dts]