Bleibt es bei hohen Gaspreisen von über 100 Euro pro Megawattstunde, ist ein Ausstieg Deutschlands aus der Kohleverstromung bis zum Jahr 2030 laut einer Studie unrealistisch. Analysiert wurde für die Berechnungen der Unternehmensberatung McKinsey der weitere Verlauf der Energiewende unter den veränderten Voraussetzungen des Ukrainekrieges, schreibt die „Welt am Sonntag“.
Aktuell hält die Bundesregierung weiterhin an der Aussage des Ampel-Koalitionsvertrages fest, wonach der Kohleausstieg „idealerweise“ von 2038 auf das Jahr 2030 vorgezogen wird. Den Berechnungen zufolge wird Deutschland 2030 selbst dann noch auf die Verstromung von Kohle angewiesen sein, wenn das ambitionierte Ziel eines Anteils von 80 Prozent erneuerbarer Energien im Strommix erreicht wird. Kohlekraftwerke müssten laut McKinsey im Jahr 2030 mit 63 Terawattstunden sogar fast so viel Strom liefern wie die klimapolitisch favorisierten Gaskraftwerke, die ihrerseits dann noch fast zehn Prozent des deutschen Bedarfs decken sollten. „Deutschland bleibt auf Erdgas angewiesen – selbst massive Preissteigerungen werden es nicht vollständig vom Markt verdrängen“, heißt es im Fazit des Teams um den McKinsey-Energieexperten Thomas Vahlenkamp. In zwei Szenario-Rechnungen hatten die Autoren auch die Folgen untersucht, die sich ergeben, wenn das Ökostrom-Ziel von 80 Prozent im Jahr 2030 nicht erreicht wird. Im Szenario „Weitgehende Selbstversorgung“ würden 2030 mit 34 Gigawatt sogar doppelt so viele Kohlekraftwerke am Netz bleiben, wie nach dem derzeit geltenden Ausstiegspfad vorgesehen. Im dritten Szenario „Strom aus Europa“ sehen die Experten im Jahr 2030 Raum für den Import von 33 Terawattstunden Elektrizität, vor allem aus Skandinavien. „Die Produktion aus Kohle ist in diesem Szenario trotz der Importe mit 88 Terawattstunden deutlich höher als im Plan der Bundesregierung bislang vorgesehen“, heißt es weiter: Die Erzeugung aus Erdgas liegt mit 69 Terawattstunden auf einem vergleichbaren Niveau. „Die CO2-Bilanz“, resümieren die Experten, „fällt in allen Szenarien enttäuschend aus“.
Foto: Tagebau Hambach (dts)