Energiepolitiker und Fachleute haben gefordert, Atomkraftwerke für die Energiewende zu reaktivieren. Wegen der Stromkrise „brauchen wir in Deutschland unsere noch verbliebenen Kernkraftwerke, idealerweise auch die drei, die bereits letztes Jahr vom Netz genommen wurden“, sagte CDU-Politiker Norbert Röttgen der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.
Kohle sei wegen der schlechten Klimabilanz keine Option, um die Schwankungen von Wind und Sonne auszugleichen. „Kernkraft ist nicht die Zukunft, aber ein paar Jahre Atomkraftwerke weiterzubetreiben, hat kaum Nachteile. Das bisschen Abfall macht den Brei nicht mehr fett“, sagte er der FAS. Röttgen war Umweltminister unter Merkel und seinerzeit gegen die Verlängerung der Laufzeiten. Er sieht aber völlig veränderte Vorzeichen in der Energiepolitik.
Michael Kruse, energiepolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, sagte der FAS, er sei sich sicher, viele Deutsche wollten unabhängiger in der Energieversorgung werden. Diese Souveränität werde nur vielen mit verschiedenen Technologien gelingen, „der Verlängerung von Kernkraft, mit Schiefergasförderung bei uns, mit CCS, Geothermie und einem rasanten Ausbau der Erneuerbaren“. Mark Helfrich, energiepolitischer Sprecher der Unionsfraktion, kritisierte, dass bislang noch keine ehrliche Debatte darüber stattfinde, welche Energieform Gas als Brückentechnologie bei der Energiewende ersetzen solle. „Dann muss ein Konsens her, sind es Kohlekraftwerke, die länger laufen, oder sind es drei oder vier Kernkraftwerke, die länger laufen“, sagte er der FAS. Diese Frage sollten man als Gesellschaft beantworten, so Helfrich.
„Die These, die viele haben, das geht nur ein paar Monate so, die teile ich nicht. Ich glaube deshalb auch, dass die Kernkraftwerke weiterlaufen werden.“ Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Torsten Herbst, griff die Ampel für ihre Pläne zur Energiewende an. „Es ist eine Illusion, dass sich Deutschland als viertgrößte Wirtschaftsnation der Welt allein mit wetterabhängigen Erneuerbaren Energien versorgen kann“, sagte Herbst der FAS. „In den kommenden Jahren haben wir keine Speichermöglichkeiten für die riesigen Energiemengen, die beispielsweise eine tagelange Dunkelflaute überbrücken müssten. Bei Windflauten hilft uns auch die dreifache Menge an Windrädern nicht – drei mal Null bleibt Null.“
Foto: Atomkraftwerk (dts)