Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat sich für eine angemessene Beteiligung der Bürger an der Nachfolge für das 9-Euro-Ticket ausgesprochen. „Es muss auch eine Verbindung sein zwischen den Kosten eines Angebots und der Inanspruchnahme. Sonst provoziert man CO2-intensive Freizeitfahrten“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Freitagausgaben).
„Das wäre auch ökologisch wenig verantwortbar“, so der Finanzminister. Zugleich hob er die „Praktikabilität“ eines „bundesweit nutzbaren digital buchbaren Tickets für den Nahverkehr“ hervor. Lindner wiederholte die Bereitschaft des Bundes, sich an einer Nachfolge mit 1,5 Milliarden Euro zu beteiligen.
Seine Kritik der „Gratismentalität“ gegenüber den Befürwortern eines 9-Euro-Tickets bedauere er nicht, sagte der FDP-Chef. Es könne nicht sein, dass die Ansprüche gegen den Staat und damit gegen die Gemeinschaft Steuerzahler „immer weiter wachsen“. Gratisangebote führten zu einer „übermäßigen Inanspruchnahme“, so Lindner. Er warnte außerdem davor, dass die Inflation außer Kontrolle gerät.
„Meine Hauptsorge ist, dass sich die Inflation aus ihrer Verankerung lösen könnte, dass sie dauerhaft galoppiert und man sie nicht unter Kontrolle bekommt“, sagte er dem RND. „Inflation ist das größte wirtschaftliche Risiko, weil es zur Verarmung führt, verhindert, dass neu investiert wird, und weil auch der Preis nicht mehr eine Knappheit anzeigt.“ Deshalb sei die Bekämpfung der Inflation die große Priorität. „Sie darf sich nicht aus ihrem Anker lösen.“ Allerdings könne die Bundesregierung zielgerichtet handeln und werde das auch tun, etwa mit Hilfe der beschlossenen Entlastungspakete oder dem Versuch, „Zufallsgewinne“ bei Energieversorgern abzuschöpfen.
Die Bürger seien nicht schutzlos, so der Finanzminister. In diesem Zusammenhang appellierte Lindner an die Arbeitgeber, von der Möglichkeit einer steuer- und abgabenfreien Einmalzahlung von bis zu 3.000 Euro an ihre Beschäftigten Gebrauch zu machen. „Ich hoffe, dass sehr viele Arbeitgeber die Möglichkeit nutzen“, sagte er. Eine solche Einmalzahlung könne „gerade in Zeiten steigender Preise eine wichtige Brücke sein“.
Auch sei mit weiteren Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank als Gegenmittel zu rechnen. Der Bundesfinanzminister schränkte zugleich ein, dass die Möglichkeiten des Staates beim Dämpfen der Krise begrenzt seien. „Wir können nur einen Stoßdämpfer zusagen“, sagte er mit Blick auf drohende Insolvenzen, sowie individuelle soziale Härten und wirtschaftliche Strukturbrüche abmildern. Dass alle Bürger an Wohlstand einbüßten, lasse sich nicht verhindern.
Foto: Andrang im Regionalverkehr im Sommer 2022 (dts)