Das Münchener Ifo-Institut hat seine Prognose für das deutsche Wirtschaftswachstum drastisch gekappt. „Wir gehen in eine Winter-Rezession“, sagte der Leiter der Ifo-Konjunkturprognosen, Timo Wollmershäuser, am Montag.
Im kommenden Jahr erwartet das Institut demnach nun ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent, für dieses Jahr nur noch 1,6 Prozent Wachstum. Die Geldentwertung dürfte in diesem Jahr bei durchschnittlich 8,1 und im kommenden Jahr sogar bei 9,3 Prozent liegen. „Die Kürzungen der Gaslieferungen aus Russland im Sommer und die dadurch ausgelösten drastischen Preissteigerungen verhageln die wirtschaftliche Erholung nach Corona“, so der Ifo-Experte. „Erst 2024 erwarten wir eine Normalisierung mit 1,8 Prozent Wachstum und 2,5 Prozent Inflation.“ Im Vergleich zum Juni senkte das Institut seine Wachstumsprognose für 2023 deutlich um 4,0 Prozentpunkte und erhöht die Inflationsprognose kräftig um 6,0 Prozentpunkte. „Das sind ungewöhnlich hohe Änderungen in einem so kurzen Zeitraum“, sagte Wollmershäuser weiter. Die Energieversorger passten vor allem zu Jahresbeginn 2023 ihre Strom- und Gaspreise spürbar an die hohen Beschaffungskosten an. Das werde die Inflationsrate im ersten Vierteljahr sogar auf etwa elf Prozent hochtreiben. Damit gingen die realen Haushaltseinkommen kräftig zurück und die Kaufkraft sinke spürbar. Das dritte „Entlastungspaket“ der Regierung dürfte diesem Rückgang zwar etwas entgegenwirken, ihn aber bei Weitem nicht ausgleichen. „Der Kaufkraftverlust, gemessen am Rückgang der realen Pro-Kopf-Löhne in diesem und im kommenden Jahr um jeweils etwa drei Prozent, ist so hoch wie nie zuvor seit dem Beginn der heutigen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen im Jahre 1970“, fügte Wollmershäuser hinzu. Im weiteren Verlauf des kommenden Jahres schwäche sich der Preisanstieg allmählich ab. Dabei nimmt das Ifo-Institut an, dass im Winter genügend Gas zur Verfügung steht. Deshalb sollten die Energiepreise nicht weiter steigen und spätestens ab dem Frühjahr 2023 wieder sinken. Schwere Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt erwartet das Institut nicht. Der Beschäftigungsaufbau werde sich nur vorübergehend verlangsamen.
Der Anstieg der Arbeitslosen um gut 50.000 Personen im kommenden Jahr gehe vor allem auf den sprunghaften Anstieg der arbeitslosen ukrainischen Staatsbürger im Sommer 2022 zurück, die nur allmählich in den Arbeitsmarkt integriert würden.
Foto: Stahlproduktion (dts)