Die Maßnahmen von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in der Energiekrise sorgen für immer mehr Kritik in der Koalition. Das Ministerium habe die Energiesparverordnung ohne Absprache verschärft, schreibt der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Reinhard Houben, in einem Brief an Habeck, über den die „Welt“ (Donnerstagausgabe) berichtet.
Das ursprünglich nur für die Nacht geplante Verbot von Leuchtreklame sei auf den Großteil des Tages ausgedehnt worden, schreibt er. Es sei richtig, diesen Bereich in der Verordnung zu berücksichtigen, heißt es darin. „Allerdings entsprechen die Uhrzeiten nicht der vorherigen Formulierungsabsprache, dass der Betrieb von Werbeanlagen von 6 bis 22 Uhr gestattet bleibt.“ Tatsächlich war das Verbot zunächst nur in der Zeit zwischen 22 und 6 Uhr geplant, im gültigen Verordnungstext ist nun aber von der Zeit zwischen 22 und 16 Uhr die Rede. „Die Verschiebung von 6 auf 16 Uhr wird ohne Zweifel sehr viel umfangreichere Folgen nach sich ziehen, als eine Untersagung von 22 Uhr bis 6 Uhr“, schreibt Houben. „Diese betreffen nicht nur die Werbewirtschaft.“ Der FDP-Politiker nennt als Beispiele in seinem Brief nicht nur Werbetafeln, auf denen neben Reklame auch Nachrichten und Hinweise auf Kulturveranstaltungen zu sehen seien. „Auch ist es laut dieser Regelung beispielsweise nicht mehr gestattet, Werbebanner in Fußballstadien mit Beginn der meisten Bundesligaspiele eines Spieltages am Samstag um 15.30 Uhr zu beleuchten.“ Houben fordert deshalb, die Regelung zu korrigieren. Grundsätzlich bestätigt das Wirtschaftsministerium, dass die Dauer des Verbots von beleuchteter Werbung zunächst anders geplant waren. „Es hat eine frühere Fassung des § 11 EnSikuMaV mit dem engeren Zeitfenster (mit Betriebsverbot von 22 bis 6 Uhr) gegeben, die so in die Ressortabstimmung und die Verbändeanhörung gegangen ist“, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Im Anschluss sei „das Zeitfenster des Betriebsverbots auf 22 bis 16 Uhr ausgedehnt“ worden, das Kabinett habe dann über diese Fassung entschieden. Zu den Gründen für die Änderung äußerte sich das Ministerium nicht. „Bei der Auslegung von unseren Verordnungen können wir generell keine verbindlichen Aussagen treffen. Dies steht allein den Vollzugsbehörden der Länder beziehungsweise den Gerichten zu“, sagte eine Sprecherin von Habecks Ministerium der Zeitung. Werbeanlagen im Sinne der Landesbauordnungen müssten „vom öffentlichen Verkehrsraum beziehungsweise von öffentlichen Grünflächen aus sichtbar“ sein. „Bei der Anwendung dieser Auslegung wären die innenliegenden beleuchteten Werbeanlagen von Sportstätten in der Regel nicht erfasst“, so die Sprecherin. Eine Ausnahme gelte, wenn man die Anzeigetafel oder Bande auch außerhalb des Stadions sehen könne: „Beleuchtete Werbeanlagen in Sportstätten die aus dem öffentlichen Verkehrsraum, beziehungsweise von öffentlichen Grünflächen aus sichtbar sind, wären demnach erfasst.“ Kritik kommt auch aus der Werbebranche: „Grundsätzlich finden wir es irritierend, dass der Verordnungsgeber nicht etwa im Vorfeld den Energiebedarf unterschiedlicher Werbeformen und Medien geprüft, sondern offensichtlich spontan und einseitig allein die beleuchteten OOH-Werbeanlagen mit einem weitgehenden Betriebsverbot belegt hat“, sagte Kai-Marcus Thäsler, Geschäftsführer des Fachverbandes Außenwerbung (FAW). OOH steht als Abkürzung für den englischen Begriff „Out of Home“ und bezeichnet Werbetafeln im öffentlichen Raum.
„Die Ausweitung der Lichtabschaltzeiten in den Tag hinein ist daher für uns nicht nachvollziehbar“, sagte Thäsler. Insgesamt sind laut FAW 92.500 Werbeanlagen in Deutschland von dem Leuchtverbot betroffen.
Foto: Leuchtreklame einer Dating-Plattform (dts)