Düsseldorf – Bis auf Weiteres wird es nicht möglich sein, mittels eines digitalisierten Verwaltungsverfahrens aus der Kirche auszutreten. Die nordrhein-westfälische Landesregierung sieht sich außerstande, die entsprechenden technischen Voraussetzungen bereitzustellen, berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Freitagsausgabe).
Nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) aus dem Jahr 2017 sind Bund, Länder und Kommunen verpflichtet, nach dem 31. Dezember 2022 mehrere hundert Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten. Nordrhein-Westfalen war im Zuge der Umsetzung dieses Bundesgesetzes die Federführung für die Digitalisierung aller Verwaltungsleistungen zugefallen, die dem Feld „Engagement und Hobby“ zugeordnet worden waren – den Kirchenaustritt eingeschlossen. Ein Sprecher der Staatskanzlei sagte nun der FAZ, die Prüfung des „Digitalisierungspotentials der Leistung Kirchenaustritt“ habe ergeben, dass das Land dieser Verpflichtung nicht nachkommen werde. Zur Begründung teilte der Sprecher mit, nach Rechtsauffassung der Staatskanzlei fielen noch solche Leistungen unter die Digitalisierungspflicht, deren elektronische Bereitstellung „objektiv möglich ist und auch nicht aus rechtlichen Gründen ausscheidet“.
Letzteres träfe auf den Kirchenaustritt insoweit zu, als ein Landesgesetz das persönliche Erscheinen des Bürgers bei dem zuständigen Amtsgericht vorschreibe. An dieser Vorschrift will das Land nichts ändern und fühlt sich durch das OZG dazu auch nicht verpflichtet. Daher habe man im März 2022 entschieden, die Leistung zu „depriorisieren“ und nicht weiter zu betrachten. Bislang hat Berlin als einziges Land angekündigt, die Rechtslage so zu ändern, dass ein Kirchenaustritt im Online-Verfahren möglich wird.
Nach dem Rückzug Nordrhein-Westfalens wird die entsprechende Verwaltungsleistung einstweilen jedoch nicht zur Verfügung stehen. Im vergangenen Jahr hatte die Gesamtzahl der Kirchenaustritte mit annähernd 640.000 einen neuen Höchststand erreicht. Wegen Überlastung der Amtsgerichte und Standesämter mussten Austrittswillige oft viele Monate auf einen Termin warten.
Foto: Kölner Dom (dts)