Köln – Die deutschen Unternehmen schauen pessimistischer auf das laufende Jahr. Laut einer neuen Konjunkturumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) erwartet ein Viertel der Unternehmen eine sinkende Produktion.
Zwar sind die Optimisten mit 37 Prozent immer noch in der Mehrheit, jedoch schrumpfte ihr Anteil seit dem Spätherbst 2021 um zwölf Prozentpunkte. In der Bauwirtschaft lag der Anteil der negativ gestimmten Unternehmen bereits Ende 2021 bei 20 Prozent – nachdem ihr Anteil im Frühjahr 2022 schon auf 27 Prozent anstieg, liegt er jetzt bei 33 Prozent. Ihnen stehen nur noch 25 Prozent Optimisten gegenüber. Die Gründe sind vielfältig: Es fehlt Material, Rohstoffe und Energie werden immer teurer, es gibt kaum Personal. Die Bauwirtschaft droht laut IW in eine Rezession abzurutschen. Auch bei den Dienstleistern verschlechtern sich die Aussichten: Die Zahl der Optimisten ging seit dem Spätherbst 2021 um fast 20 Prozentpunkte zurück. Auch sie leiden unter sehr hohen Preisen und dem Fachkräftemangel. Aufgrund der unsicheren politischen Lage sank der Anteil der Optimisten in der Industrie zwischen Spätherbst 2021 und Frühjahr 2022 um acht Prozentpunkte, während sich die Pessimisten verdoppelten. Verglichen mit dem starken Einbruch im Frühjahr unmittelbar nach Ausbruch des Krieges erhöhte sich der Anteil der positiv gestimmten Unternehmen wieder um sieben Prozentpunkte. Wie im Frühjahr rechnen weiterhin 28 Prozent damit, in diesem Jahr weniger zu produzieren. Damit bleibt die Industrieproduktion auch in diesem Jahr deutlich unter dem Niveau vor Corona – und damit auch im Krisenmodus. Unternehmen aus Bayern und dem Süd-Westen haben im regionalen Vergleich die besten Erwartungen – hier gab es durch die Autokrise vorweg auch hohe Belastungen.
In Bayern erwarten 46 Prozent der Unternehmen eine steigende Produktion. Dahinter liegt der Nord-Osten mit Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Berlin. Weil diese Region viele wirtschaftliche Kontakte zu Russland und dem Ostseeraum hält, waren die dortigen Unternehmen in der Frühjahrsumfrage sehr pessimistisch gestimmt. Diese Ängste haben sich zurückgebildet und die Region liegt jetzt sogar leicht über dem bundesweiten Durchschnitt.
Insgesamt wollen die meisten Unternehmen im Laufe des Jahres mehr Mitarbeiter beschäftigen – die Mehrheit im Bau rechnet derweil nicht damit, dass sie ihre Belegschaft aufstocken kann. Die von Personalmangel geplagten Dienstleister wollen dagegen deutlich mehr Menschen einstellen. In der Industrie blieben die Beschäftigungsaussichten ungefähr gleich. Massenentlassungen schließen die Unternehmen aus.
Sorgen bereiten den IW-Forschern jedoch die Investitionspläne der Unternehmen. Zwar will die Mehrheit in diesem Jahr mehr investieren, jedoch geht ihr Anteil stetig zurück: In der Industrie sank er seit dem Frühjahr um neun Prozentpunkte. In der Bauwirtschaft rechnen 34 Prozent mit einem Rückgang bei ihren diesjährigen Investitionen, nur 20 Prozent planen, mehr zu investieren als im vergangenen Jahr. Nur der Dienstleistungssektor bleibt bei den Investitionsplänen stabil.
„Die Investitionslücke, die während der Corona-Pandemie entstanden ist, wird in diesem Jahr nicht geschlossen“, sagte IW-Konjunkturexperte Michael Grömling. Das werde das künftige Wachstumspotenzial in Deutschland spürbar bremsen. Für die Erhebung wurden im Juni 2022 fast 2.300 Unternehmen aus ganz Deutschland befragt.
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