Arbeitsministerium will sich bei Lohnfindung nicht einmischen

Berlin – Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat Befürchtungen von Arbeitgebern und Gewerkschaften zurückgewiesen, die Bundesregierung wolle sich mit der „Konzertierten Aktion“ zur Inflation am Montag in die Lohnfindung einmischen. „Es wird im Kanzleramt keine Lohnverhandlungen geben“, sagte er dem „Handelsblatt“.

Bei der Konzertierten Aktion gehe es um die Frage, wie Politik und Sozialpartner gemeinsam mit abgestimmten Maßnahmen den Preisdruck lindern und die Inflation bekämpfen können. „Weder die Tarifpolitik noch der Staat können die Probleme für sich allein lösen.“ Er finde es gut, „wenn Gewerkschaften angemessene Lohnforderungen stellen, denn die moderate Tarifpolitik der vergangenen Jahre ist sicher nicht schuld an den hohen Preisen“, sagte Heil. Den Vorwurf, dass die Politik mit der für Oktober geplanten Mindestlohnerhöhung auf zwölf Euro selbst den Preisdruck erhöhe, wies der Arbeitsminister zurück: Der Preisdruck sei vor allem getrieben durch massive Energiekosten.

„Im Verhältnis dazu fällt die Erhöhung des Mindestlohns ökonomisch kaum ins Gewicht“, so Heil. Und viele Arbeitgeber wüssten inzwischen auch, dass sie mehr zahlen müssten, weil sie sonst keine Arbeitskräfte fänden. Der Luftfahrtbranche warf der Arbeitsminister indessen vor, die aktuellen Personalprobleme zum Teil selbst verschuldet zu haben. „Wir haben den Airlines und den Airports als Staat wahrend der Corona-Pandemie mit viel Geld unter die Arme gegriffen und auch die Kurzarbeit massiv ausgeweitet und verbessert“, sagte Heil.

Kurzarbeit sei dazu da, dass Unternehmen ihr Fachpersonal an Bord halten können. „Aber in der Luftfahrtbranche sind Beschäftigte trotzdem mit Abfindung entlassen worden oder haben sich von sich aus beruflich neu orientiert. Jetzt haben wir den Salat“, sagte der Minister. Bezüglich des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung kündigte Heil an, dass dieser im kommenden Jahr wie geplant von 2,4 auf 2,6 Prozent steigen soll.

Das sei noch in der Großen Koalition gesetzlich so festgelegt worden. „Es wird aber keine massiven Beitragssatzsprünge geben, denn die würden auch nicht in die Landschaft passen“, so Heil. Er habe in seinem Verantwortungsbereich die Beiträge eher gesenkt oder stabil gehalten, sagte er mit Blick auf den Arbeitslosen- und Rentenversicherungsbeitrag. „Aber ich beneide meinen Kollegen Karl Lauterbach nicht um das Defizit in der Kranken- und Pflegeversicherung, das ihm Jens Spahn und dessen Vorgänger hinterlassen haben.“

Lauterbach hatte jüngst eine Erhöhung der Zusatzbeiträge in der Gesetzlichen Krankenversicherung angekündigt. Dass sich die steigenden Sozialabgaben zu einem Einstellungshemmnis entwickeln könnten, erwartet der Arbeitsminister nicht: „Im Moment haben wir ja eher die Situation, dass Unternehmen gern einstellen würden und zu wenige Kräfte finden.“ Und in der Coronakrise habe sich gezeigt, dass ein starker Sozialstaat und wirtschaftlicher Erfolg nicht notwendigerweise Gegensätze seien. „Die Kurzarbeit hat den Beschäftigten geholfen, sie hat Unternehmen geholfen, Fachkräfte an Bord zu halten, und sie hat die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stabilisiert“, so der Minister.

Foto: Flughafenarbeiter (dts)

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