Berlin – Vor dem Hintergrund der existenziellen Krise der Linken drängt Sahra Wagenknecht ihre Partei dazu, mit einem Richtungswechsel eine Leerstelle im politischen System zu besetzen. „Der dominierende Kurs der vergangenen Jahre hat dazu geführt, dass uns die Wähler immer mehr davongelaufen sind“, sagte die Linke-Politikerin der „Welt am Sonntag“.
„Einige Funktionsträger haben die normalen Arbeitnehmer völlig aus dem Blick verloren, und wir vertreten zu wichtigen Themen gegensätzliche Positionen.“ Beispielsweise fordere die Fraktion, zu der auch Wagenknecht gehört, die Spritpreise zu senken. „Andere in der Partei würden lieber gleich den Verbrenner verbieten“, beklagte sie. So gewinne man kein Profil.
Dass es sich bei der Linken derzeit nicht um eine populäre Partei handele, hätten die Wahlergebnisse in den vergangenen Monaten gezeigt. „Dabei gibt es eine riesige Leerstelle im politischen System und viele Menschen fühlen sich politisch nicht mehr vertreten.“ Steigende Inflation, Angst vor Krieg – diese Sorgen müsse die Linke aufnehmen „und Menschen eine Stimme geben, die gegen ein Ölembargo sind, das vor allem uns selbst schadet, gegen Aufrüstung und gegen die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine“. Zudem müsse es aufhören, „dass Parteimitglieder andere Linke öffentlich anzählen“.
Dies betreffe nicht nur die Linke: „Die gesellschaftliche Debatte wird immer intoleranter. Ich höre immer häufiger den Satz ,Diese oder jene Position müsste aus der Öffentlichkeit verschwinden`“, kritisierte die ehemalige Fraktionschefin. „Was ist das für ein Demokratie-Verständnis?“ Demokratie lebe vom offenen Diskurs.
Foto: Linkspartei-Logo auf Parteitag (dts)