Washington – Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger hat sich für einen weiteren Dialog mit Russland und auch mit dessen Präsidenten Wladimir Putin ausgesprochen. „Eines Tages wird der Krieg beendet sein“, sagte er dem „Stern“.
Und nach diesem Krieg werde die Beziehung zwischen der Ukraine und Russland neu definiert werden. „Auch Europa wird seine Beziehung mit Russland neu definieren müssen, denn Russland wird weiterhin ein wichtiger Faktor in den internationalen Beziehungen sein.“ Sollte Russland als Resultat des Krieges auseinanderbrechen, würde das zu Chaos in Zentralasien und im Mittleren Osten führen. Auf die Frage, ob Frieden erst nach Putins Absetzung möglich sei, sagte Kissinger: „Es ist wahrscheinlich, dass ein Friedensvertrag mit Putin gemacht werden muss.“ Sollte er gestürzt werden, würde das die Verhandlungen sicherlich erleichtern, aber sollten alle Ziele erreicht sein, hätte eine Fortsetzung des Krieges, nur um Putin zu stürzen, „sicherlich keine öffentliche Unterstützung“, egal, wie unbeliebt Putin gerade sei. Der Politikwissenschaftler, der zahlreiche US-Präsidenten in führender Position beriet, warb zudem für ein umfangreiches neues Hilfsprogramm für die Ukraine: „Nach dem Krieg ist ein Wiederaufbauplan für die verwüstete Ukraine essenziell. Ich hoffe, dass die Staaten der Atlantischen Allianz dabei zusammenarbeiten.“ In diesem Sinn brauche man einen Marshallplan. „Und in einem tieferen Sinn könnte ein hoffnungsvolles Experiment entstehen: Russland wird verstanden haben, dass ein Angriff auf Europa das Ziel verfehlt. Die NATO tritt geschlossen auf, mit der Unterstützung der USA.“ Da werde sich Europa fragen müssen, wie die langfristige Beziehung mit Russland aussehen solle. „Muss sie allein auf militärischer Abschreckung basieren – oder ist ein Miteinander auf Grundlage kühler Entscheidungen möglich?“
Foto: Wladimir Putin (dts)