Bundesbankchef erwartet mehrere Zinserhöhungen der EZB

Frankfurt – Bundesbankpräsident Joachim Nagel hat gleich mehrere Leitzinserhöhungen der EZB in diesem Jahr in Aussicht gestellt, um die grassierende Inflation zu bekämpfen. „In unserer Juni-Sitzung müssen wir ein deutliches Signal geben, wohin die Reise geht. Aus meiner heutigen Sicht müssen wir dann im Juli einen ersten Zinsschritt machen und weitere in der zweiten Jahreshälfte folgen lassen“, sagte Nagel dem „Spiegel“.

Von einem raschen Sinken der Inflationsrate, die in Deutschland wie in der Eurozone zuletzt 7,4 Prozent betrug, geht der Bundesbankpräsident nicht aus. „Die Inflation wird nicht über Nacht sinken, das kann noch etwas dauern. Es kommt darauf an, dass die längerfristigen Inflationserwartungen gut verankert sind“, sagte er. Für die deutsche Wirtschaft ist Nagel trotz der zahlreichen Krisenherde verhalten optimistisch. „Die deutsche Wirtschaft steht nicht so schlecht da: Wir haben vor dem Krieg für 2022 mit mehr als vier Prozent Wachstum gerechnet. Jetzt könnte sich das etwa halbieren. Mit einem Wachstum von etwa zwei Prozent sieht es dann immer noch ganz ordentlich aus.“ Das Szenario einer Stagflation sieht er als derzeit als nicht wahrscheinlich an: „Die Lage ist weiterhin robust“, sagte Nagel. Sorgen, dass die Eurokrise angesichts hoher Schuldenstände und steigender Leitzinsen wieder aufflammen und etwa Italien in Not geraten könnte, teilt Nagel nicht. „Es stimmt, dass sich Italiens Schuldenquote während der Pandemie noch mal erhöht hat. Aber die Risikoaufschläge italienischer Staatsanleihen sind weiterhin nicht außerordentlich hoch“, sagte Nagel.

Klar sei aber, dass die Europäische Zentralbank (EZB) nicht einzelnen Ländern mit verdeckten, gezielten Käufen von Staatsanleihen zu Hilfe springen dürfe, um deren Zinsen zu drücken und den Regierungen die Aufnahme neuer Schulden zu erleichtern. „Die Staatsfinanzen in Italien, Deutschland oder einem anderen Land dürfen für die europäische Geldpolitik nicht maßgebend sein“, sagte Nagel. „Wir dürfen keine monetäre Staatsfinanzierung betreiben.“

Foto: EZB (dts)

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