Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal um 0,2 Prozent gestiegen

Wiesbaden – Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im ersten Quartal 2022 gegenüber dem Vorquartal um 0,2 Prozent gestiegen. Gegenüber dem vierten Quartal 2019, dem Quartal vor Beginn der Coronakrise, war die Wirtschaftsleistung um 0,9 Prozent niedriger, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Mittwoch mit.

Die Statistiker bestätigten damit die vorläufigen Ergebnisse von Ende April. „Der Krieg in der Ukraine und die anhaltende Corona-Pandemie haben bereits bestehende Verwerfungen, zu denen gestörte Lieferketten und steigende Preise zählen, nochmals verstärkt“, sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Georg Thiel. „Trotz der schwierigen weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist die deutsche Wirtschaft mit einem leichten Wachstum in das Jahr 2022 gestartet.“ Im Spannungsfeld von steigenden Preisen auf der einen und Lockerungen der Corona-Maßnahmen auf der anderen Seite bewegten sich die privaten Konsumausgaben im ersten Quartal auf einem ähnlichen Niveau wie im Vorquartal (-0,1 Prozent). Auch die staatlichen Konsumausgaben änderten sich nur geringfügig (+0,1 Prozent). Starke Impulse kamen hingegen von den Investitionen: Wegen der milden Witterung legten die Bauinvestitionen trotz deutlicher Preisanstiege gegenüber dem vierten Quartal 2021 um 4,6 Prozent zu. In Ausrüstungen wurde 2,5 Prozent mehr investiert als im Vorquartal. Der Handel mit dem Ausland war zum Jahresbeginn insgesamt rückläufig. Preis-, saison- und kalenderbereinigt sanken die Gesamtexporte gegenüber dem Vorquartal um 2,1 Prozent, was auf niedrigere Warenexporte zurückzuführen ist. Eine Ursache sind die anhaltenden internationalen Lieferkettenprobleme, die zum Beispiel zu geringeren Kraftfahrzeug-Exporten geführt haben könnten. Die Gesamtimporte nahmen hingegen um 0,9 Prozent zu, weil die Dienstleistungsimporte kräftig stiegen, etwa durch mehr Reisen. Die preis-, saison- und kalenderbereinigte Bruttowertschöpfung war im ersten Quartal insgesamt 0,7 Prozent höher als im Vorquartal.

Dabei zeigte sich bezogen auf die einzelnen Wirtschaftsbereiche ein gemischtes Bild: Verteuerte oder ausbleibende Vorprodukte sowie der Ende Februar 2022 beginnende Krieg in der Ukraine haben die Wirtschaftsleistung im Produzierenden Gewerbe ohne Bau gebremst (-0,4 Prozent). Exemplarisch hierfür sind die in der Automobilindustrie benötigten, aber nicht ausreichend verfügbaren elektrischen Kabelbäume. Währenddessen stieg die Bruttowertschöpfung im Baugewerbe um 4,5 Prozent. Den stärksten Zuwachs verzeichneten mit 6,2 Prozent die Sonstigen Dienstleister, zu denen unter anderem die Bereiche Unterhaltung und Erholung zählen.

Dies lag vor allem an den Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen. Im Vorjahresvergleich war das BIP im ersten Quartal preisbereinigt 4,0 Prozent höher, so die Statistiker weiter. Preis- und kalenderbereinigt betrug das BIP-Wachstum 3,8 Prozent. Die inländische Nachfrage nach gegenüber dem Vorjahresmonat trotz starker Preisanstiege deutlich zu.

Das gilt vor allem für die privaten Konsumausgaben, die preisbereinigt gegenüber dem vom harten Corona-Lockdown geprägten ersten Quartal 2021 um 8,5 Prozent stiegen. Besonders für die krisengebeutelten Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen gaben die privaten Haushalte preisbereinigt mehr als doppelt so viel aus wie im Vorjahr (+124,2 Prozent). Auch der Staat erhöhte nochmals seine Konsumausgaben (+1,8 Prozent), was vor allem an der Beschaffung von weiteren Impfstoffen lag. Die Bauinvestitionen profitierten von der extrem milden Witterung zu Beginn des Jahres 2022 und nahmen im Vergleich zum Vorjahr zu (preisbereinigt +2,2 Prozent).

In Ausrüstungen wurde preisbereinigt nur unwesentlich mehr investiert als ein Jahr zuvor (+0,4 Prozent), was sich neben anziehenden Preisen auch auf den Rückgang der gewerblichen Pkw-Neuzulassungen zurückführen lässt. Auch der Handel mit dem Ausland nahm im Vergleich zum Vorjahr zu: Im ersten Quartal 2022 wurden insgesamt 2,9 Prozent mehr Waren und Dienstleistungen ins Ausland exportiert als im ersten Quartal 2021. Die Importe stiegen im selben Zeitraum preisbereinigt um 7,2 Prozent. Während der Handel mit Waren nur wenig höher ausfiel als im Vorjahresquartal, legte der Dienstleistungshandel zweistellig zu. Ein Grund für den kräftigen Anstieg der Dienstleistungsimporte und -exporte war die kontinuierliche Aufhebung der Corona-Schutzmaßnahmen in Deutschland und dem Ausland und der dadurch zunehmende Reiseverkehr im Laufe des ersten Quartals 2022. Die preisbereinigte Bruttowertschöpfung verzeichnete insgesamt einen deutlichen Zuwachs von 3,6 Prozent. Ausgehend von einem schwachen Vorjahresquartal, in dem die Auswirkungen der Corona-Pandemie in der Wirtschaft noch deutlicher zu spüren waren, nahm die Wirtschaftsleistung zum Jahresbeginn 2022 in allen Dienstleistungsbereichen zu. Besonders stark stieg die Bruttowertschöpfung im Bereich Handel, Verkehr, Gastgewerbe (+8,7 Prozent), was vor allem auf den Basiseffekt durch die deutlich schärferen Corona-Schutzmaßnahmen im ersten Quartal 2021 zurückzuführen ist.

Positiv wirkten sich die Lockerungen auch auf die Unternehmensdienstleister (+7,6 Prozent) und die Sonstigen Dienstleister (8,5 Prozent) aus. Das Baugewerbe wuchs trotz besonders starker Preissteigerungen im Vorjahresvergleich um 2,2 Prozent. Dämpfend wirkte hingegen ein leichter Rückgang der preisbereinigten Bruttowertschöpfung im Produzierenden Gewerbe von 0,3 Prozent. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland mit einem Wirtschaftswachstum von preis-, saison- und kalenderbereinigt 0,2 Prozent im ersten Quartal 2022 gegenüber dem Vorquartal etwa im europäischen Durchschnitt. Während das BIP in den anderen großen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) ebenfalls leicht zunahm (Spanien +0,3 Prozent), stagnierte (Frankreich 0,0 Prozent) oder leicht zurückging (Italien -0,2 Prozent), verzeichneten vor allem viele kleinere Staaten stärkere Zuwächse. Für die EU insgesamt meldete das europäische Statistikamt Eurostat nach vorläufigen Berechnungen einen BIP-Anstieg um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Die Wirtschaftsleistung der Vereinigten Staaten nahm im Gegensatz zur Entwicklung in Deutschland und der EU um 0,4 Prozent ab. Im Vorjahresvergleich liegen die BIP-Wachstumsraten der anderen EU-Mitgliedstaaten fast alle höher als in Deutschland. Verglichen mit dem vierten Quartal 2019, zeigt sich, dass das BIP in Spanien im ersten Quartal 2022 mit -3,4 Prozent noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau blieb. Auch Deutschland (-0,9 Prozent) und Italien (-0,4 Prozent) haben das Vorkrisenniveau noch nicht wieder erreicht. In Frankreich (+1,0 Prozent) sowie der EU insgesamt (+0,5 Prozent) übertraf die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal 2022 hingegen das Vorkrisenniveau. Die Vereinigten Staaten verzeichneten trotz des Rückgangs gegenüber dem Vorquartal im Vorkrisenvergleich ein vergleichsweise starkes Wachstum von 2,8 Prozent.

Foto: Containerschiff (dts)

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